Zelluloid adé: Erstes volldigitales Kino nimmt Betrieb auf [Update]

Premiere in der Provinz: Bislang haben deutsche Kinos nur einzelne Säle auf digitale Projektion umgestellt - im 4000-Seelen-Städtchen Nastätten geht man nun auf's Ganze: Das dortige Kinocenter projiziert in allen drei Sälen nur noch digital.

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Von
  • Jan-Keno Janssen

Hier zeigt die Provinz, wo's langgeht: Im Kino-Center Nastätten wird komplett digital projiziert.

Das nach eigenen Angaben erste volldigitale Kino in Deutschland hat am heutigen Donnerstag seinen Betrieb aufgenommen – und zwar in Nastätten, einem 4000-Seelen-Städtchen im Taunus. Die metropolenferne Lage ist einer der Gründe, warum sich Kinobetreiber Ralf Holl für die Digitalisierung seiner drei Säle entschieden hat. Denn: "Wir haben von einigen Filmen einfach keine Startkopie bekommen", berichtet Holl. Da die Verleiher nur eine begrenzte Zahl von Filmkopien anfertigen – eine analoge Kopie kostet rund 800 Euro – werden zuerst die Kinos in den Großstädten und erst dann die kleineren Orte beliefert. Digitale Kinos bekommen die Filme auf einer ganz normalen Festplatte geschickt; die Kinobetreiber kopieren den verschlüsselten Film auf den Server und senden die Platte wieder zurück. Dadurch können die Verleiher theoretisch beliebig viele digitale Kinos beliefern, da sie fast keine Unkosten mehr haben.

Holl geht davon aus, dass die Zahl der analogen Kopien nochmals sinken wird, sobald mehr Kinos auf digitale Projektion umsteigen – weshalb er schon frühzeitig den Schritt in die digitale Zukunft gewagt hat. Dass die komme, sagt Holl, bezweifele niemand mehr ernsthaft. Er vermutet, dass die große Digitalisierungswelle bald rollt und es dann bei Projektoren und Filmservern zu Lieferengpässen kommen könnte. Die großen deutschen Kinoketten, die in Deutschland zusammen rund 2000 Leinwände betreiben, arbeiten bislang noch analog – lediglich die UCI-Kette hat in 17 ihrer Kinos jeweils einen Saal digitalisiert, um dort 3D-Filme zu zeigen. Auch im Nastätter Kino-Center können stereoskopische 3D-Filme gezeigt werden.

Einen "analogen Plan B" gibt es für Kinobetreiber Holl nicht, die 35-mm-Projektoren sind abgebaut. "Inzwischen bekommt man so gut wie alle Filme in digitaler Form", verdeutlicht Holl, "und die digitale Technik ist inzwischen ausgereift." Holl setzt auf 1600C-Projektoren von NEC, deren 4-KW-Lampen einen Lichtstrom von bis zu 17.000 Lumen erzeugen. Übergangsweise sind derzeit noch Christie-Projektoren installiert. Alle Beamer genügen der amerikanischen Digitalkino-Norm DCI und schaffen eine Auflösung von 2048 × 1080 Bildpunkten (2K). Die Bilder liefern Doremi-Kinoserver mit jeweils 1,9 Terabyte Plattenkapazität.

[Update] Es gibt in Deutschland noch ein weiteres Kino, das ausschließlich digital projiziert: Das Rundkino in Dresden mit sieben Sälen. Andere Kinos, die ebenfalls in jedem Saal Digitalprojektoren installiert haben (zum Beispiel Hofgarten Belzig und Schauburg Karlsruhe), fahren zweigleisig und können auch noch analog vorführen.

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(jkj)