Kontroverse: Firefox und DRM - Pro und Contra

Firefox führt DRM ein – was im Netz zu kontroversen Diskussionen führt. Auch in der iX-Redaktion gehen die Ansichten darüber auseinander. Moritz Förster und Christian Kirsch kommentieren in iX 6/2014 die aktuellen Entwicklungen bei Mozilla.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Seeger

Pro:

Firefox führt DRM ein – und handelt sich die Empörung des Internets ein. Es ist vollbracht, der Sieg der finsteren Multimedia-Ausbeuter ist da. Doch schon ein kurzer Blick auf Mozillas Begründung zeigt, dass die treibende Kraft hinter der Entscheidung das Abrutschen in der Gunst der Nutzer war. Denn der Browser hat zumindest im Sinne seiner Beliebtheit an Strahlkraft verloren, weltweit gibt Chrome den Ton an. Google hat bei dem Thema keine Gewissensbisse und entwickelte die W3C-Maßnahme mit.

Zudem verdeutlichen die technischen Details: Im Firefox selbst steckt noch lange kein DRM. Der Unterschied zur aktuellen Version ist vielmehr, dass er ein DRM-Modul einbinden kann. Will ein Nutzer also einen geschützten Film ansehen, schlägt er Adobes Website auf, die ihm anschließend das Plug-in liefert. Wer solche Seiten nicht nutzt, bleibt auch vom DRM-Plug-in verschont. Hinzu kommt, dass das Modul in einer Sandbox läuft, darüber hinaus soll es keinen Zugriff erhalten.


Wem das nicht genügt, der dürfte sich wohl auf die so oft gelobten Add-ons von Firefox verlassen. Nach dem Installieren eines Blockers für HTML5-Elemente mit DRM kann man das Netz unbeschwert erforschen. Oder frustrierte Nutzer agieren als Spalter, Chrome ohne Google ließ schließlich ebenfalls nicht lange auf sich warten.

Bleiben diejenigen, die jeglichen Kontakt mit Rechteinhabern prinzipiell ablehnen: Unvereinbar seien die Konzerne mit einem freien Web. Dabei gibt einem die Entscheidung Mozillas erst die Freiheit zu wählen – will man DRM-Filme gucken oder nicht? Bisher blieb diese Wahl auf der Strecke, die hatten schon andere für einen getroffen. (Moritz Förster)


Kontra:

Kopierschutz für Inhalte im Browser? Was für eine lustige Idee. Leben diese Leute in Erdhöhlen oder auf abgelegenen Inseln, wo sie die Entwicklung der letzten Jahrzehnte verpasst haben? Es gibt keinen Kopierschutz, der noch nicht umgangen worden wäre. Letztlich geht es nur um den Preis: Ist es günstiger zu kaufen oder zu knacken?Das zeigt die Entwicklung der Musikindustrie. Seit sie sich von ihren DRM-Ideen weitgehend verabschiedet hat, geht es ihr langsam wieder besser. Nicht unbedingt den Musikanten, aber denen, die ihre Arbeit verkaufen. Kann man für 10 Euro ein komplettes Album auf beliebig vielen Geräten installieren, lohnt sich die strafbare Torrent-Kopie nicht mehr.

Doch nicht nur Sinnlosigkeit spricht gegen Kopierschutz im Browser. Er stünde auch für einen Sieg der Content-Mafia. Sie will jedes ihrer Produkte mehrfach verkaufen und zudem noch kontrollieren, wer wann wo welche Variante sehen, lesen oder hören darf: keine DVDs mit Regionalcode 1 in Europa abspielen, keine britischen Fernsehserien in Deutschland schauen, gekaufte Bücher nicht verleihen … Bei keinem anderen Wirtschaftsgut muss man sich in die Nutzung reinreden lassen: Ich darf mein deutsches Fahrrad verleihen und damit hierzulande genauso fahren wie in Frankreich oder der Tschechischen Republik. Unter dem Vorwand des Urheberrechts jedoch nehmen sich weltumspannende Medienkonzerne jede denkbare Freiheit. Nutznießer dieser Gängelei sind sie, nicht die Urheber.


Mit dem Ende von Flash und Silverlight wankt ihr Geschäftsmodell. Statt sich ein neues auszudenken, wird der ehrliche Kunde gegängelt. Der unehrliche lacht sich eins und greift die Audio-/Videosignale an der Hardware ab. (Christian Kirsch)

(Dieser Text ist der Zeitschriften-Ausgabe 6/14 von iX entnommen. Das Heft kann online bestellt werden.)

(js)