Netzneutralität: Chiles Mobilprovider dürfen Facebook & Co. nicht mehr vom Datenvolumen ausnehmen

Chile war das erste Land, das die Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben hat und nun pocht es auf deren Durchsetzung. Ab Juni ist es Mobilfunkprovidern dort verboten, den Zugang zu bestimmten Diensten nicht auf das Datenlimit anzurechnen.

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Netzneutralität für alle.

(Bild: dpa, Jan-Philipp Strobel/heise online)

Die chilenische Regierung hat Mobilfunkbetreibern im eigenen Land untersagt, ihren Kunden Zugang zu sozialen Netzen zu gewähren, der nicht auf das jeweilige Datenlimit des Vertrags angerechnet wird. Diese Praxis verstoße gegen die Netzneutralität, die Chile – als erstes Land überhaupt – 2010 gesetzlich festgeschrieben hatte. Wie die Regierung mitteilte, dürfen Provider das Recht jedes Einzelnen zum Surfen im Internet nicht "willkürlich blockieren, darin eingreifen, diskriminieren, lähmen". Jeder müsse uneingeschränkt alle legalen Inhalte und Dienste nutzen dürfen.

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass Inhalte im Internet gleichberechtigt ihren Weg finden. Vor allem Provider und Carrier wollen aber beispielsweise für Videos extra zu bezahlende Überholspuren einbauen. Für User entstünde ohne Netzneutralität ein Zweiklassen-Internet.

Dieses Gebot richte sich nicht nur gegen die Diskriminierung bestimmter Dienste, sondern auch gegen die Bevorzugung einzelner Angebote. Wenn Provider den Zugang zu Facebook oder Twitter erlauben, ohne dass dies auf das Datenlimit angerechnet werde, komme das einer Blockade des Internets gleich, von der diese sozialen Netze ausgenommen sind. Außerdem verlangten sie wieder eine Bezahlung, wenn Nutzer über einen externen Link eines dieser Netzwerke verlassen. Deshalb seien derartige Vertragsklauseln zum morgigen 1. Juni untersagt und mit einer Geldstrafe belegt.

Dieser Schritt der Regierung in Chile macht auf einen Aspekt der Netzneutralität aufmerksam, der in den Debatten der vergangenen Wochen höchstens wenig Erwähnung fand. In vielen Staaten außerhalb der westlichen Welt kommen die Menschen vorrangig über ihre Mobilgeräte ins Internet. Dieser Zugang ist aber beschränkt durch die festgelegten Datenlimits, deren Überschreitung extra Geld kostet. Um Nutzer aus diesen Gegenden trotzdem zu den eigenen Diensten zu bekommen, haben Serviceanbieter wie Facebook Deals mit Mobilfunkanbietern abgeschlossen, in deren Rahmen die eigenen Seiten von diesem Limit ausgenommen wurden.

Diese Praxis widerspricht aber dem Grundsatz der Netzneutralität, derzufolge alle Daten im Internet gleich behandelt werden müssen – unabhängig von Herkunft oder Ziel. Betroffen davon sind jedoch nicht nur kommerzielle Dienste wie Facebook oder Twitter, sondern etwa auch die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia. Im Rahmen von Wikipedia Zero bietet die in Teilen Asiens und Afrikas einen mobilen Zugang zu dem gesammelten Wissen, ohne dass Datenübertragungskosten anfallen. In Deutschland gibt es solche Kooperationen etwa zwischen T-Mobile und Spotify oder E-Plus und Facebook. (mho)