Die Woche: Offen genug für die GPL?

Microsofts neue Offenheit und die GPL

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dr. Oliver Diedrich

Das Software Freedom Law Center SFLC hat das Microsoft Open Specification Promise OSP auf seine Kompatibilität mit der GPL untersucht. Im Zuge seiner neuen Strategie der Offenheit hat Microsoft die Spezifikationen verschiedener Datenformate und Protokolle unter OSP veröffentlicht. Die Lizenz räumt jedermann das Recht ein, die Spezifikationen in eigener Software zu implementieren.

Dabei sind die Spezialisten für freie Software auf zwei Probleme gestoßen. Zum einen, schreibt das SFLC in seinem Papier, gebe Microsoft keine Garantie, dass auch zukünftige Versionen der Spezifikationen unter OSP veröffentlicht werden. Das ist freilich kein spezielles Problem von Open-Source-Entwicklern: Jeder Programmierer, der eine Microsoft-Spezifikation unter OSP implementiert, läuft theoretisch Gefahr, mit deren nächster Version abgehängt zu werden.

Gravierender in Hinblick auf die GPL ist ein zweiter Pferdefuß, den das SFLC ausgemacht hat: Das OSP gilt ausdrücklich nicht für Code, der anderen Zwecken dient als dem Umsetzen der Spezifikation. Das heißt, dass man Code, der ursprünglich der Implementierung einer OSP-Spezifikation dient, nicht zu beliebigen Zwecken weiterverwenden kann – ein Widerspruch zur GPL, die ausdrücklich die Verwendung von GPL-Code zu allen Zwecken erlaubt.

Einen weiteren Haken sehe ich an einer anderen Stelle: Teil der im Februar verkündeten Strategie der Offenheit ist auch die Zusicherung, Open-Source-Entwickler nicht zu belangen, wenn sie patentgeschützte MS-Protokolle implementieren – solange sie ihre Software nicht kommerziell vertreiben. Die Frage ist: Wo fängt der kommerzielle Vertrieb an? Wenn man die Software zusammen mit einem Support-Vertrag anbietet, wie es Linux-Distributoren und Anbieter vieler freier Unternehmensanwendungen tun? Wenn man sie auf eine CD oder DVD packt und den Datenträger verkauft, wie das diverse Dienstleister mit Linux-Distributionen tun? Wenn eine Zeitschrift die Software als Beilage enthält? Die GPL erlaubt all das.

Microsoft selbst entzieht sich übrigens einer klaren Aussage zur Kompatibilität des OSP mit der GPL: In der FAQ zum OSP erklärt das Unternehmen, die GPL werde nicht von allen gleich ausgelegt, daher könne man keine rechtliche Einschätzung zu dieser Frage abgeben. Letztlich, und das zeigt auch die Analyse des SFLC, bleiben Open-Source-Entwickler also doch ein Stück weit vom guten Willen Microsofts abhängig. (odi)

Siehe dazu auch: