Die Woche: Trubel um Pandora

Als der Vorverkauf der Linux-Spiele-Konsole Pandora Anfang Oktober startete, waren binnen weniger Tage 4000 Geräte vorbestellt und auch bezahlt. Doch nicht nur die Fertigung verzögert sich, auch Geldsorgen plagen die Entwickler.

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Als Anfang Oktober der Vorverkauf der Linux-Spiele-Konsole Pandora startete, war das Echo aus der Internet-Gemeinde groß: Das OpenPandora-Projekt versprach eine leistungsfähige und komplett offene Spielekonsole mit interessanten Leistungsdaten für einen äußerst attraktiven Preis. Nur 199 Pfund oder 250 Euro sollte das mit einem OMAP-3-Prozessor, viel Speicher und großem Display ausgestattete, Netbook-ähnliche Gerät kosten.

Der Haken war jedoch, dass die Pandoras gleich vorab bezahlt werden mussten, obwohl die Geräte erst im November gebaut und Ende November ausgeliefert werden sollten. Dennoch war die erste Charge von letztlich 4000 Geräten binnen Tagen weltweit ausverkauft. Das Pandora-Projekt hatte damit, ohne auch nur ein fertiges Gerät zu besitzen, bereits einen Umsatz von rund einer Million Euro erzielt. Dies war für die Vorfinanzierung der ersten Serienproduktion auch erforderlich, denn das Projekt wollte auf einen Investor, der ein Mitspracherecht eingefordert hätte, verzichten.

Doch bei der Kaufabwicklung gab es Schwierigkeiten: Viele Kunden, nach Schätzungen des Projekts 80 Prozent, zahlten per Kreditkarte. Ausgerechnet die Bank, die die internationalen Kreditkarten-Transfers durchführte, fror einen Großteil der Gelder ein, offenbar weil man einen Betrugsfall fürchtete.

Das Geld war also bei den Kunden abgebucht worden, ohne dass das Pandora-Projekt darüber verfügen konnte. Die einzige Lösung, die das Pandora-Projekt sah, war die Rückbuchung der Gelder auf die Kreditkartenkonten der Kunden. Anschließend sollte die Bestellung einfach wiederholt werden.

Die Rückbuchungen sorgten vor allem in Amerika für einigen Frust: Aufgrund des schlechten Dollar-Kurses gegenüber dem Pfund hatten die amerikanischen Interessenten Anfang Oktober 330 US-Dollar für die Pandora bezahlen müssen. Ausgerechnet bei der Rückbuchung der Beträge Ende November jedoch befand sich der US-Dollar auf seinem Jahreshöchststand – sodass lediglich zwischen 250 und 290 US-Dollar zurückerstattet wurden. Allerdigns gibt es bis heute keine Möglichkeit, die Neubestellung via Kreditkarte abzuwickeln – und der Dollar-Kurs befindet sich wieder massiv auf Talfahrt.

Für die Amerikaner gibt es also nur zwei Möglichkeiten: Sie treten vom Kauf zurück und verlieren zwischen 60 und 90 Dollar, oder sie warten, bis wieder Bestellungen via Kreditkarte möglich sind und riskieren bei weiter fallendem Dollar-Kurs, nocheinmal über 300 Dollar für die Pandora bezahlen zu müssen. Ob oder wann die Zahlung per Kreditkarte überhaupt wieder möglich sein wird, steht derweil noch in den Sternen – nach eigenem Bekunden findet das Projekt keine Bank, die die Abwicklung übernehmen will. Etwa 1000 amerikanische Kunden sind deshalb schon auf die dort weitgehend ungebräuchlichen und sehr teuren Auslands-Überweisungen ausgewichen, weitere 1000 Bestellungen hängen derzeit jedoch noch in der Luft.

Ein weiteres Problem ist der große zeitliche Verzug, den das Projekt bereits heute hat. Wichtige Teile wie das Gehäuse und die Tastatur gibt es nur als Prototypen, die Serienfertigung ist noch nicht angelaufen. Auch das Betriebssystem ist noch nicht so weit, wie man es gern hätte – erst Mitte Dezember hatten die Entwickler Ansgtröm Linux auf die Pandora portiert, die Fertigstellung wird voraussichtlich noch eine Weile dauern. Optimistische Schätzungen gehen davon aus, dass zumindest die fehlenden Teile noch in diesem Jahr produziert werden und die Auslieferung um Laufe des Januars beginnen kann – wenn nichts mehr schief geht.

Daran gab es zwischenzeitlich erhebliche Zweifel: Im offiziellen Pandora-Forum erklärten die Entwickler am 10. Dezember, dass weder die Hardwareentwicklung abeschlossen sei noch alle Teile verfügbar wären. Zudem habe man durch die Probleme mit der Kreditkartentransfers nicht genügend Geld, um die bestellten Mainboards zu bezahlen. Da bereits einige Gelder für den Kauf von Komponenten verwendet wurden, gab es auch nicht mehr die Möglichkeit, allen Interessenten ihr Geld zurückzugeben. Das Projekt stand auf der Kippe, denn auf die speziell gefertigten Gehäuse und Tastaturen ist man angewiesen – ohne sie kann man die Pandora-Konsolen nicht ausliefern.

Auf Nachfrage erklärte uns das Pandora-Projekt, das die Entwickler das fehlende Geld übergangsweise privat vorstrecken, um die noch nötigen Teile einkaufen oder deren Produktion beauftragen zu können. Notfalls würden in der ersten Charge auch nur die bereits bezahlten 3000 Geräte gebaut.

Unlösbare finanzielle Probleme sieht man derzeit nicht mehr – ein Teil der Kundengelder sei in den Displays gut angelegt, aufgrund der momentanen Teileknappheit könnte man durch den Verkauf der überzähligen TFTs sogar einen Gewinn erwirtschaften.

Wer über den deutschen Online-Shop bestellt hat, musste sich ohnehin keine unmittelbaren Sorgen machen: Hier ist der deutsche Shop der Vertragspartner und damit für etwaige Rückerstattungen zuständig – und wer in Euro bezahlt hat, geht auch kein Wechselkursrisiko ein. (mid) (mid)