Thüringer Verfassungsschutz öffnet heimlich Briefe

Eine Landtagsabgeordnete in Thüringen hat durch eine Kleine Anfrage erfahren, dass der Verfassungsschutz des Landes heimlich Briefe öffnet, offenbar auch in Poststellen. Wozu das geschehe, könne man aber nicht preisgeben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 169 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Der Thüringer Verfassungsschutz öffnet Postsendungen, befasst sich mit den Inhalten und verschließt die Sendungen dann so, dass sie weitergeleitet werden können, ohne dass der Empfänger von dem Eingriff etwas mitbekommt. Das hat die Katharina König, Landtagsabgeordnete der Linken, durch zwei Kleine Anfragen an die Landesregierung erfahren. Demnach verfügt der Landesverfassungsschutz über Geräte, um Briefe zu öffnen und ohne Spuren zu hinterlassen, wieder zu verschließen. In welchen Zusammenhängen sie eingesetzt werden, unterliege teilweise der Geheimhaltung, erklärte das Thüringer Innenministerium.

Wie oft in Thüringen Briefe geöffnet werden, ist unklar.

Die Geräte für die Brieföffnung kämen nicht nur bei Briefwechseln an Beschuldigte nach der Strafprozessordnung und an Inhaftierte zum Einsatz, sondern auch nach dem G-10-Gesetz. Das regelt die Einschränkung des grundgesetzlichen Postgeheimnisses. Als Grundlage für diese Eingriffe kommen "grundsätzliche alle Phänomenbereiche in Betracht", erklärt das Thüringer Innenministerium. Nähere Angaben dazu unterlägen der Geheimhaltung, heißt es weiter. Zu den Themenfeldern des Verfassungsschutzes gehören unter anderem Rechtsextremismus, Linksextremismus, Spionageabwehr, Ausländerextremismus, Scientology und Organisierte Kriminalität.

Aus den Antworten geht auch nicht hervor, wie häufig der Verfassungsschutz derart in den Briefverkehr eingreift, aber es wird erklärt, man habe dafür zwei stationäre und zwei tragbare Geräte. Darunter ist auch ein transportabler "Briefbearbeitungskoffer", der zusammen mit einem Dampferzeuger vor Ort bei der Poststelle eingesetzt werden kann, um Briefe zu öffnen und originalgetreu zu verschließen. Zusammen kosten beide mehr als 9000 Euro und stammen demnach von DigiTask, jener Firma, die als Hersteller des Staatstrojaners Bekanntheit erlangten.

In einer neuerlichen Anfrage will die Landtagsabgeordnete nun erfahren, wie viele Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzes derart den Postverkehr überwachen dürfen und ob etwa ein Vier-Augen-Prinzip angewendet wird. Außerdem will sie wissen, wie sichergestellt werde, dass der Briefverkehr besonders geschützter Berufsgruppen nicht überwacht werde. Auch fragt sie, ob es Möglichkeiten gibt, diese Art der Überwachung zu unterlaufen, entweder durch undeutliche Schreibung des Namens – so dass der Post-Scanner nur die Adresse erkennt und den Rest dem Postboten überlässt – oder Einwegumschläge, die nicht geklebt sind. Angesichts der Berichte über die NSA, die angeblich per Post versandte Elektronikgeräte manipuliert, fragt sie schließlich, ob solch eine Praxis für den Verfassungsschutz ausgeschlossen werden könne. (mho)