TCP/IP-Tuning

Viele PCs nutzen die Kapazität ihrer DSL-Verbindung nicht aus. Mit Traffic Shapern oder den richtigen Änderungen in der Windows-Registry lassen sich Downloads beschleunigen, ohne dass die Qualität von VoIP- oder Streaming-Verbindungen leidet.

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Lesezeit: 26 Min.
Von
  • Christoph Lüders
  • Martin Winkler
Inhaltsverzeichnis

Aussetzer bei der VoIP-Telefonie oder stockende Übertragung und zu niedriger Durchsatz trotz sehr schnellem DSL-Anschluss sind Probleme, deren Ursachen Windows mit Bordmitteln nicht offenbart. Grundsätzlich kann man drei Fehlerquellen unterscheiden: Die Einstellungen für das TCP/IP-Protokoll des Rechners sind ungünstig, eines oder mehrere Elemente der Internet-Verbindung sind überlastet oder die Daten von mehreren gleichzeitig genutzten Internet-Anwendungen behindern sich mangels einer übergeordneten Verkehrsleitung gegenseitig.

Die TCP-Einstellungen, die die Geschwindigkeit beeinflussen, sind aber nicht über die Windows-Oberfläche zugänglich, sondern in der Registry verborgen. Deshalb läuft der PC bei den weitaus meisten Nutzern im Autopilot-Modus und Fehleinstellungen fallen nur dem Fachmann bei einer detaillierten Untersuchung auf. Die wichtigsten TCP/IP-Variablen, die man in der Registrierung verwaltet, sowie die empfehlenswerten Einstellungen haben wir unter Stellschrauben aufgeführt.

Ein Grund für zu langsame Downloads bei schnell angebundenen PCs liegt darin, dass die Internet-Endstellen zu kleine Datenmengen senden (Window Size, bei Unix-Systemen RWIN genannt). Das führt dazu, dass zum Beispiel ein Server bei einem Download häufiger auf Quittungen des Empfängers warten muss als technisch nötig, ein Teil der Leitungskapazität also ungenutzt bleibt.

Auf die Server-Einstellung hat man als Surfer keinen Einfluss. Aber der Administrator kann die niedrige Einstellung durchaus gewollt haben – um möglichst viele Teilnehmer gleichzeitig bedienen zu können oder um eine Server-Überlastung zu verhindern.

Der Server muss nämlich für jede einzelne TCP-Verbindung die festgelegte Window Size als Pufferspeicher bereitstellen. Bei stark frequentierten, aber mit Speicher mager ausgestatteten Servern limitiert man also die Window Size, damit der Server mit dem RAM auskommt. Der Internet-Service cdrom.com war eine Zeit lang auf 30 KByte pro TCP-Verbindung eingeschränkt und manche Betreiber von Spiele-Servern limitieren ihre Demo-Zugänge weiterhin auf diese Art.

Wenn der Durchsatz pro TCP-Verbindung mittels kleiner Window Size eingeschränkt ist, können Download-Manager helfen, indem sie mehrere Verbindungen gleichzeitig öffnen und eine Datei in mehreren Segmenten laden (Siehe dazu: Parallel-Turbo, Schnelles Laden von Dateien mit Download-Managern für Windows, c't 11/06, S. 106.)

Ist hingegen die Window Size des lokalen Rechners zu niedrig, kann man sie in der Registrierung höher stellen. Tuning-Utilities, von denen es zahlreiche gibt, erledigen solche Einstellungen automatisch, zum Beispiel der T-Online Speedmanager. Ein größeres Window kann jedoch die Latenz erhöhen, sodass mit dieser Einstellung überlegter Umgang angebracht ist. Eine Faustformel für optimale Download-Einstellungen finden Sie im unter Stellschrauben.

Weitaus häufiger kommt es vor, dass man als Surfer einen schnellen Server selbst ausbremst, und zwar, indem man parallel zum Download eine oder mehrere Internet-Anwendungen nutzt, die die Sendekapazität des DSL-Anschlusses beanspruchen – Sendedaten lokaler Anwendungen behindern nämlich den Versand von Quittungspaketen (ACK-Pakete, Acknowledge), und ohne fortschreitende Quittungen stockt der Download.

In der Tabelle Durchsatzbremsen lassen sich die dabei auftretenden Symptome beobachten: Ping-Zeiten variieren je nach Situation stark, und Uploads bremsen gleichzeitige Downloads aus.

Der Grund liegt darin, dass im Internet alle Pakete um die verfügbare Bandbreite unkoordiniert konkurrieren – wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Auch gibt es anders als im Telefonnetz keine geschaltete Ende-zu-Ende-Verbindung, sondern die Pakete werden einfach von Hop zu Hop bis zum Ziel weitergereicht.

Wenn sie unterschiedliche Wege zum Ziel nehmen, reisen sie unterschiedlich schnell, und wenn zwischengeschaltete Router überlastet sind, können Pakete verloren gehen. Mit beiden Situation wird das TCP-Protokoll dank einer ausgeklügelten Flusskontrolle in der Regel fertig. Als Surfer bemerkt man von der teils komplexen Signalisierung, den Paketverlusten, Haltezeiten und Sendewiederholungen nichts, nur unterm Strich registriert man einen enttäuschenden Durchsatz.