NSA verteidigt Beweiszerstörung: "Aufbewahrung wäre zu komplex"

Die NSA will trotz richterlicher Anordnung weiter gesammelte Überwachungsdaten löschen dürfen, weil eine Sicherung zu komplex wäre und die nationale Sicherheit der USA gefährden würde. Dabei sollen die Daten als Beweise in einem Gerichtsverfahren dienen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 81 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die NSA will weiter Beweise löschen dürfen.

(Bild: dpa, Nicolas Armer)

Die US-Regierung hat die von der Electronic Frontier Foundation kritisierte anhaltende Vernichtung von Beweisen mit einem neuen Argument verteidigt: Wenn alle unter Sektion 702 des Foreign Intelligence Surveillance Acts gesammelten Daten aufbewahrt werden müssten, hätte das bedeutende Auswirkungen. "Eine wäre, dass die NSA dafür alle damit verbundenen Datenbanken und Systeme ausschalten müsste", hat NSA-Viza Robert Ledgett dem Gericht mitgeteilt. Angesichts der Komplexität der Systemarchitektur wären die Daten dadurch aber noch nicht unbedingt sicher. Gleichzeitig hätte solch ein Schritt jedoch "unmittelbare, spezielle und schädliche" Auswirkungen auf die nationale Sicherheit der USA.

Sektion 702 des Foreign Intelligence Surveillance Acts ist eine der gesetzlichen Legitimierungen der weltweiten NSA-Massenüberwachung, wie sie seit Monaten durch die Dokumente des Edward Snowden öffentlich wird. Danach dürfen nur Personen ausspioniert werden, von denen mit 51-prozentiger Sicherheit angenommen wird, dass es sich bei ihnen um Ausländer handelt. Dass das nicht immer wirklich der Fall ist, hatte der US-Geheimdienstkoordinator James Clapper Anfang April eingestanden. Die darunter gesammelten Daten aus den verschiedensten Programmen landen laut Ledgett in "vielfältigen Datenbanken". Die Überwachung der US-Telefonate (unter Sektion 215 des Patriot Acts) dagegen laufe auf einem Computer, so dass die gesammelten Daten auf einen Extra-Speicher gesichert werden könnten. "Obgleich unter beachtlichen Kosten und Mühen für die Regierung", wie Ledgett noch erklärt.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Hintergrund für die aktuelle Auseinandersetzung ist die Frage, welche Daten die NSA in dem Verfahren als Beweismittel aufbewahren muss. Das Gericht hatte bereits vor Monaten einen Stopp der Vernichtung angeordnet, dann hatte die EFF aber vor wenigen Tagen erfahren, dass die NSA weiterhin Daten gelöscht hat. Zuerst hatte es so ausgesehen, als hätte die NSA sich auf eine andere Eingrenzung der zu sichernden Daten festgelegt, nun argumentiert sie aber mit der technischen Schwierigkeit. Wie viele Daten dabei inzwischen gelöscht wurden ist noch unklar, genauso wie das Gericht auf die neue Argumentation der NSA reagieren wird.

In dem bereits vor Beginn der Snowden-Enthüllungen begonnenen Gerichtsverfahren "Jewel vs. NSA" (08-cv-04373) geht es um die Überwachung am Netzknotenpunkt in San Francisco. Dort soll ein Abbild des Internetverkehrs direkt in einen geheimen, von der NSA kontrollierten Raum geleitet worden sein. Nachdem die Klage dagegen zuerst für unzulässig erklärt und zurückgewiesen worden war, hatte ein übergeordnetes Gericht ihre Aufnahme verlangt. Nun wird es vor dem Bundesbezirksgericht für Nordkalifornien ausgetragen und war mit den Snowden-Enthüllungen wieder ins Blickfeld geraten. (mho)