Startup-Factory: Schicker gründen mit Google-Mentoren in Berlin

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat das Gründerzentrum Factory in der Hauptstadt eröffnet, das von einem Google-Förderprogramm beflügelt werden soll. Zu den ersten Mietern gehören Soundcloud, Mozilla und Twitter.

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Wie auf einer Kirmes sieht es am Eröffnungstag aus auf dem frisch gepflanzten Rasen vor dem Hauptgebäude der Factory, Berlins neuem, 16.000 Quadratmeter Bürofläche bietenden Gründerzentrum nahe dem ehemaligen Mauerstreifen im Trendbezirk Mitte. Es reiht sich Bude an Bude, in denen neben Partnern vor allem künftige Mieter des aus mehreren Häusern bestehenden Areals ihre Angebote vorstellen. Darunter sind bekannte Namen wie der Musikdienst Soundcloud, das soziale Netzwerk Twitter, die Browser-Entwickler von Mozilla und die Aufgabenlistenverwalter 6Wunderkinder.

Früher saß auf dem Gelände eine Brauerei, jetzt zieht der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit am Mittwochmittag bei schwülen 28 Grad im Angesicht eines aufziehenden Gewitters von Stand zu Stand. "Wie teuer ist das?", will er von Vermarktern der Mitfahr-App Uber wissen. Die hat zwar kein Büro in der Factory, darf auf dem Rummelplatz aber trotzdem mitmachen. Teils seien Fahrten billiger als mit dem Taxi, bekommt der SPD-Politiker zu hören. "Da freut sich die Taxi-Innung", witzelt Wowi. Dass die etablierten Beförderunternehmen am gleichen Tag in der Hauptstadt streiken, war ihm zunächst entgangen. Darauf angesprochen, möchte er sich zu diesem Thema lieber nicht äußern.

Eröffnung der Startup-Factory (5 Bilder)

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit besuchte bei der Eröffnung auch den Stand von Uber.  Zu den Streiks der Berliner Taxifahrer gegen das Startup wollte er nichts sagen.
(Bild: heise online/Stefan Krempl )

Weiter geht es für einen Plausch mit Soundcloud-Gründer Alexander Ljung, schließlich gehört das stark internationale ausgerichtete Online-Unternehmen seit 2008 zu den Vorzeige-Startups der Hauptstadt. Ein Rundgang durch das schicke Büro der Audioplattform darf nicht fehlen. "Kann man das mieten?", fragt Wowereit dort im internen Soundstudio. Nur auf Einladung öffnet sich die Musikfirma hier aber für externe
Produktionen.

Rund 200 Mitarbeiter beschäftigt Soundcloud mittlerweile, ein großer Teil davon soll bald die Aussicht über den früheren Grenzstreifen genießen. Die Decken der großen Räume, an die sich kleine Besprechungszimmer mit Stadtbezirksnamen aus Berlin und San Francisco anschließen, sind mit futuristischen Nachbildungen von Klangwolken aus Dämmmaterialien verschönert. Noch erinnert alles aufgrund der fehlenden Mitarbeiter ein wenig an ein Potemkinsches Dorf, doch im Sommer soll mit 22 Firmen und rund 500 Beschäftigten das pralle Leben einziehen.

Über Nachfrage nach den Räumlichkeiten kann sich Factory-Mitgründer Simon Schäfer nicht beschweren. Es gebe Interessenten für über 80.000 Quadratmeter Bürofläche, lässt der Designer und Partner des Projektträgers JMES Investments verlautbaren. Ein Grund für die Attraktivität ist nicht nur die zentrale Lage, die andere Startup-Zentren und dort angesiedelte Inkubatoren wie die Back- oder Lokfabrik auch bieten. Dazu kommt in der Factory eine Partnerschaft mit Google: der Internetriese steuert ein breites Förderprogramm bei.

Die Kalifornier wollen über ihre "Entrepreneurs"-Sparte Seminare für junge Unternehmer und Entwickler anbieten und diesen mit Technologie-Know-how unter die Arme greifen. Abgerundet wird das Angebot, das mit seinem Hauch Silicon Valley nicht nur den auf dem Areal ansässigen Durchstartern offen stehen soll, durch eine spezielle Mentorenbetreuung. Dafür sind Google-Experten in Form von "Trainern und Ratgebern" vorgesehen. Insgesamt will der Suchmaschinenprimus die Factory zunächst über drei Jahre hinweg mit rund einer Million Euro unterstützen. Am Abend hat sich gar der Google-Verwaltungs-Chef Eric Schmidt angekündigt, um den Gründern Mut zu machen.

Aufgrund des bisherigen Erfolgs planen die Factory-Betreiber bereits weitere Großprojekte ähnlicher Art. Einzelheiten wollen sie noch nicht verraten. Sie fühlen sich als gebrannte Kinder, da sich die Bauzeit auf über zwei Jahre verlängerte und der Bezugstermin mehrfach verschob. Die Macher des Zentrums gerieten daher in der Szene schon in den Ruf, an einem zweiten Großflughafen BER zu werkeln. Doch inzwischen ließen sie durchblicken, dass sie "mehr machen" wollen in der eingeschlagenen Richtung.

[Update, 11.06.2014, 15:35]

Die falsch angegebene Position von Eric Schmidt bei Google wurde korrigiert. (axk)