Die Woche: Brave Virtual World
Neue Trends in der Virtualisierungswelt: Der Hypervisor soll direkt in den Server integriert werden, virtuelle Software-Appliances die Installation und Konfiguration komplexer Software vereinfachen.
Die Vmware-Hausmesse Vmworld brachte naturgemäß eine Menge von Ankündigungen und neuen Produkten rund um die Virtualisierung – nicht nur von Vmmare selbst, sondern auch von der Konkurrenz, teilweise schon im Vorgriff auf erwartete Vmware-Ankündigungen. Zwei besonders interessante Meldungen: Eine Woche vor der Vmworld kündigte XenSource einen Hypervisor zur Integration in Server an, auf der Vmworld folgte Vmware mit einem nackten Hypervisor zum Einbau in Server. Beide Firmen kooperieren bereits mit Serverherstellern: Vmware erwartet, dass Dell, Fujitsu, HP, IBM und NEC bereits um die Jahreswende erste Server mit dem neuen Vmware ESX 3i herausbringen, XenSource verhandelt mit einem noch ungenannten großen Serverhersteller.
Die Stoßrichtung ist klar: Vmware und XenSource wollen die Virtualisierung aus dem Betriebssystem lösen und zu einem normalen Bestandteil von x86- und x64-Servern machen – wie es bei großen Unix-Servern und Mainframes längst normal ist. Dass man mit dem nackten Hypervisor ohne Verwaltungswerkzeuge nicht so wahnsinnig viel anfangen kann, ist ein angenehmer Nebeneffekt, kurbelt das doch das Geschäft mit den eigenen Management-Tools an – und da wird derzeit das Geld verdient.
Auf diesen "virtuellen" x86-Servern mit Hypervisor sollen dann virtuelle Appliances laufen – vorkonfigurierte virtuelle Maschinen, die eine (Server-) Anwendung samt abgespecktem, auf diese Anwendung und den Einsatz unter einem Hypervisor optimiertem Betriebssystem enthalten. Vmware spricht in diesem Zusammenhang von JeOS (just enough Operating System).
Um welches Betriebssystem es sich dabei handelt, ist eigentlich egal: Der Anwender, der eine Software in Form einer virtuellen Appliance erhält, kommt idealerweise mit dem Betriebssystem gar nicht in Kontakt. Da bietet sich Linux an, schon allein wegen der geringen Lizenzkosten und der guten Konfigurierbarkeit: Canonical hat gerade eine Ubuntu JeOS Edition vorgestellt, rPath hat schon länger eine für Appliances optimierte Linux-Distribution im Angebot.
Ganz neu ist die Idee nicht: Software-Appliances, ob zur Installation auf dem "nackten Eisen" oder in Form einer virtuellen Maschine, gibt es schon länger (der Artikel Software-Appliances beleuchtet die Vorteile des Appliance-Modells). Neu ist der Schwung, der hinter virtuelle Appliances als Vertriebsmodell für Software-Anbieter kommt. So hat Vmware die Vmware-Tools als Open Source unter der GPL freigegeben mit dem erklärten Ziel, dass sie sich leichter in Linux-Distributionen integrieren lassen. Mit den Vmware-Tools laufen Gastsysteme geschmeidiger unter dem Vmware-Hypervisor; also müssen sie auch in ein JeOS als Basis einer virtuellen Vmware-Appliance rein.
Und auch Microsoft hat den Trend zur virtuellen Appliance erkannt. Dabei denken die Redmonder sicher eher an ihren für nächstes Jahr angekündigten Hypervisor Viridian, der als Windows Server Virtualization für den Windows Server 2008 angeboten werden soll, als an einen Hypervisor im Server, der Virtualisierung im Betriebssystem unnötig macht. Aber die Klimmzüge, mit denen Microsoft versucht, mit der vagen Viridian-Ankündigung und Kooperationen mit allem und jedem außer Vmware Claims im boomenden Virtualisierungsmarkt abzustecken, sind eine andere Baustelle.
Das von Microsoft gemeinsam mit VMware und XenSource/Citrix sowie Dell, HP und IBM bei der Distributed Management Task Force als Standard eingereichte Format Open Virtual Machine (OVM) scheint nicht zuletzt darauf abzuzielen, den Software-Herstellern OVM als Standardformat für virtuelle Appliances schmackhaft zu machen. Die vorgesehenen Mechanismen zur Prüfung der Integrität der VMs, zum Lizenzmanagement und zum Einholen von Informationen über die Host-Umgebung, mit der die VM selbstständig ihr Laufverhalten optimieren und für eine korrekte Lokalisierung sorgen kann, zeigen deutlich, worum es bei OVM geht.
Überhaupt sind virtuelle Appliances für ISVs dann attraktiv, wenn eine VM unter allen Virtualisierungslösungen läuft – egal, ob von Microsoft, Vmware oder XenSource/Citrix; egal, ob der Hypervisor direkt auf dem Server läuft oder in ein Host-Betriebssystem integriert ist; und egal, ob es sich in letzterem Fall um ein Linux- oder Windows-System handelt. Dass Citrix/XenSource gerade angekündigt hat, Microsofts VHD-Format (Virtual Hard Disk) zu unterstützen, komplettiert den vorgeschlagenen OVM-Standard – der schweigt sich nämlich zum Format der eigentlichen VM aus und spezifiziert lediglich das Drumherum. Und das setzt wiederum Vmware unter Druck, ebenfalls VHD zu unterstützen.
So wird das Bild der schönen virtuellen Welt, das die Anbieter von Virtualisierungslösungen zeichnen, allmählich rund. Jetzt müssen nur noch die Anwender mitspielen und Virtualisierung tatsächlich einsetzen. (odi) (odi)