Streit um neue TLDs: .hotel geht an deutsche Bewerber, Kampf um .gmbh geht weiter

Im Kampf um besonders begehrte Top-Level-Domains (TLDs) hat sich eine kleine Sensation ereignet. Das erste Mal wurde der begehrte Community-Status vergeben. In der Runde der neuen TLDs gewinnt also nicht immer der mit dem meisten Geld.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 57 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stefan Mey
Inhaltsverzeichnis

Bei 130 TLDS gibt es Streit zwischen verschiedenen Bewerbern. Wer jedoch eine so genannte Community-Bewerbung eingereicht hat und verteidigen kann, bekommt die Internet-Endung automatisch zugesprochen. Allerdings muss man im Antrag belegen, dass ein substantieller Teil der jeweils relevanten "Community" die Bewerbung unterstützt. In der Community Prioritiy Evaluation (CPE) der ICANN wird dem Bewerber der Community-Status dann tatsächlich zugestanden – oder eben nicht. In der ersten CPE-Runde ist das keinem der Bewerber gelungen. In der zweiten Runde war nur die aus Deutschland stammende Bewerbung um .hotel erfolgreich.

Die neue Domain .hotel soll nur an Hotels gehen (im Bild das Atlantis Paradise Island Casino & Resort auf den Bahamas)

Für .hotel gab es sieben unterschiedliche Anträge, unter anderem von Donuts, dem TLD-Gierschlund schlechthin. Die Community-Bewerbung stammt von der Hotel Top-Level-Domain S.à.r.l. Hinter der Firma steht ein deutsches Trio, das die hiesige Landschaft der neuen TLDs maßgeblich prägt. Dirk Krischenowski, Johannes Lenz-Hawliczek und Katrin Ohlmer sind über das Unternehmen Hotel Top-Level-Domain GmbH zu 49% an der Hotel Top-Level-Domain S.à.r.l. beteiligt, den Rest der Anteile hält der Massenbewerber Afilias. Das Trio steht außerdem noch hinter den Bewerbungen um .berlin, .hamburg und .gmbh. Und über die gemeinsame Firma Dotzon GmbH haben die drei Andere bei der Beantragung von TLDs beraten, unter anderem bei .reise und .bayern.

Der Plan der Community-Bewerbung sieht vor, dass ausschließlich Hotels, Hotelketten, Hotelverbände und Hotel-Marketingorganisationen Domains registrieren dürfen, den Antrag haben international verschiedene Verbände der Hotelbranche unterstützt. Das hat offensichtlich überzeugt. In der Entscheidung der Community Priority Evaluation erreichte die Bewerbung 15 von 16 möglichen Punkten, 14 hätten ausgereicht. Johannes Lenz-Hawliczek gibt sich nun aber bescheiden und sagt nur: „Unsere Unterstützer aus der globalen Hotel-Community sind sehr glücklich über das Ergebnis der CPE.“ Einen konkreten Zeitplan für .hotel gibt es noch nicht. Zur Zeit warte man erst einmal auf die Zusendung des Registry-Vertrags durch die globale Internet-Behörde ICANN.

Dirk Krischenowski (TLDDOT)

(Bild: icannphotos, CC BY-SA 2.0 )

Keinen Erfolg hatte das Dotzon-Trio allerdings bei ihrer Bewerbung um .gmbh. In der Community Priority Evaluation gab es gerade mal 5 von 16 Punkten. Die Bewerbung stammt von der TLDDOT Gmbh, an der zu 50% die gemeinsame Firma Dotzon beteiligt ist. Die United-Internet-Tochter InterNetX hält die andere Hälfte der Anteile. Dirk Krischenowski, Geschäftsführer von TLDDOT, will trotz der Entscheidung bei der CPE weiter am Ball bleiben: "Wir sind natürlich enttäuscht von diesem Ergebnis, aber wir glauben an .gmbh und werden nun an der anstehenden Auktion teilnehmen."

Insgesamt fünf Firmen interessieren sich für .gmbh, darunter wieder Donuts und auch der der Massenbewerber Google. Ein deutscher Konkurrent um .gmbh ist die Münchener InterNetWire Web-Development GmbH. Andreas Schreiner, Geschäftsführer der Mutterfirma InternetWire Communications, nimmt die Entwicklung erwartungsgemäß positiv auf: „Die Entscheidung ist richtig. Aus unserer Sicht gibt es keine Community von GmbHs. Es ist lediglich eine Rechtsformbezeichnung, deren Inhaber darüber hinaus wenig bis nichts verbindet.“

Andreas Schreiner

(Bild: Internetwire)

Beide deutsche Bewerber wollten anfangs gemeinsam antreten, haben sich dann aber getrennt. Vor einigen Monaten hatte es zwischen den beiden ein kurzes, heftiges Gefecht gegeben. Die TLDDOT GmbH hatte eine Beschwerde gegen die Bewerbung von InterNetWire eingelegt. TLDDOT hatte sich 2010 die europäische Wortmarke ".GMBH" gesichert und sah ihre Rechte durch die Münchener Bewerbung verletzt. Diese offizielle „Legal Rights Objection“ wurde aber als unbegründet zurückgewiesen. Zudem hat InterNetWire ein Löschungsverfahren gegen die Marke angestrengt.

Nach der Ablehnung des Community-Status ist das Rennen um .gmbh weiterhin offen. Dabei prallen zwei gänzlich unterschiedliche Konzepte aufeinander. Bei den deutschen Bewerbungen sollen nur GmbHs aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Domains registrieren dürfen sowie teilweise relevante Aufsichtsbehörden und Verbände. Die Regierungen der D-A-CH-Staaten haben diese Bewerbungen der ICANN deswegen in einem offenen Brief ans Herz gelegt. Regierungs-Hinweise sind aber unverbindlich, wie sich auch bei der Diskussion um die Endung .kinder zeigt. Die Bewerbungen von Donuts und Google hingegen sehen keine vergleichbare Einschränkung vor.

Bei konkurrierenden Bewerbungen sieht die ICANN eine offizielle Versteigerung vor. Alternativ hat sich in der Praxis ein freiwilliges Privatauktions-Modell etabliert: der, der am meisten zahlen will, erhält die TLD. Die anderen ziehen ihre Bewerbung zurück, und der Preis, den der Meistbietende zahlt, wird unter den unterlegenen Bietern aufgeteilt.

Noch ist die Zukunft von .gmbh also ungewiss. Klar ist aber: inhaltliche Kriterien werden bei dieser wichtigen deutschsprachigen TLD keine Rolle mehr spielen. Only money wins. Bei .hotel hingegen wurde das erste Mal einer Community-Bewerbung stattgegeben und die Vergabe einer Branchen-relevanten Internet-Endung nicht komplett dem Markt überlassen. (mho)