Die NSA in Deutschland: Bitte nicht diskutieren

Hat Deutschland seinen "9. Juni-Moment" der bitteren Wahrheit erlebt? Das glaubt jedenfalls die US-amerikanische Whistleblowerin Jesselyn Radack. Und der ehemalige Geheimdienstler Thomas Drake fragt, was das Kanzleramt eigentlich kontrolliert.

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Von
  • Detlef Borchers

Jesselyn Radack und Thomas Drake

(Bild: heise online/Detlef Borchers)

Auf Einladung der Wau Holland Stiftung und von Reporter ohne Grenzen diskutieren Jesselyn Radack und Thomas Drake in Berlin mit Patrick Beuth von Zeit Online über die Bedeutung der neuesten Dokumente zur engen deutsch-amerikanischen Geheimdienst-Zusammenarbeit.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

In Anspielung an den 9. Juni 2013, als erstmals einige von Snowden freigegebene Dokumente in der Presse auftauchten, sprach Jesselyn Radack vom "9. Juni-Moment für Deutschland". Das dieser Moment wirklich die deutsche Öffentlichkeit aufrütteln könnte, bezweifelte umgehend ihr Diskussionspartner Thomas Drake. Der ehemalige NSA-Mann löste das Kürzel BND als "Better Not Discuss" (besser nicht diskutieren) auf.

In der Diskussion fragte Drake, ob das Kanzleramt sich ernsthaft mit der deutschen Verfassung befasse oder diese komplett ignoriere und verbiege. Immerhin gebe es ein Dokument, in dem behauptet wird, dass "die deutsche Regierung das G-10-Gesetz, das den Schutz der Privatsphäre deutscher Bürger regelt, modifiziert hat, damit der BND flexibler geschützte Informationen mit ausländischen Partnern teilen kann."

Wenn dies an allen Kontrollgremien vorbei geschehen sei, sei dies ein Bruch der deutschen Verfassung. Drake betonte, dass die NSA dem Bundestag oder dem NSA-Untersuchungsausschuss niemals Auskunft geben werde.

Jesselyn Radack bezweifelte Angaben ihrer Regierung, dass man mit den Computerprogrammen über 55 Terroristen ausfindig gemacht habe und warnte vor einer Zukunft, in der Datenschatten verhaftet werden können. So unterscheide sich ihr eigenes Google-Profil dermaßen von ihrem normalen Leben, dass es schon wieder verdächtig sein könnte.

In einem ersten Schritt müsste der Widerstand gegen die umfassende Ausspähung damit beginnen, dass Menschen ihre Kommunikation verschlüsseln. Dies müsse an Schulen gelehrt werden. (mho)