Blender 2.71 – Rendering auf der Zielgerade

Die Blender Foundation hat Version 2.71 seiner Open-Source-3D-Software veröffentlicht. Schwerpunkt in diesem Release ist die Render-Engine "Cycles", die den internen Renderer bald als Standard ablösen könnte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 107 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
Inhaltsverzeichnis

Die als Open Source verfügbare Rendering-Software Blender gibt es nunmehr in Version 2.71. Als größtes neues Feature wurde in Blender 2.71 die Möglichkeit hinzugefügt, die von Cycles errechnete Beleuchtung und das Shading in Texturen zu rendern. Das Ergebnis dieses "Baking" genannten Prozesses können beispielsweise Spiele-Entwicklern nutzen, um in statischen Teilen eines Spiels fotorealistische Beleuchtung und Oberflächeneigenschaften darzustellen. Dabei ist es auch möglich, von hoch aufgelösten Modellen auf niedriger aufgelöste zu backen – wie in diesem Beispiel.

Bisher war Bewegungsunschärfe in Cycles auf die Kamera sowie Objekte beschränkt, die sich nicht verformen. Bei Animationen über Armatures, wie sie etwa Charaktere besitzen, gehören Mesh-Verformungen aber zur Tagesordnung. In Version 2.71 können diese endlich auch mit Bewegungsunschärfe versehen werden. Die Option lässt sich für jedes Objekt einzeln deaktivieren, da jedes deformierbare Objekt in der Szene die Render-Zeit leicht verlängert.

Der Cycles-Renderer von Blender 2.71 unterstützt jetzt auch volumetrische Effekte.

Seit Version 2.70 beherrscht Cycles volumetrische Effekte wie Nebel oder Wolken, mit 2.71 auch das Feuer und den Rauch der integrierten Simulationswerkzeuge. Für diese Funktionen ist aber noch kein benutzerfreundliches Interface vorhanden, es soll mit Blender 2.72 nachgereicht werden. Bis dahin müssen Anwender auf die Attribute-Node zurückgreifen.

Die Attribute-Node war bisher auch der einzige Weg zum Zugriff auf unterschiedliche UV-Maps eines Objekts. Hierfür stellt Version 2.71 nun eine eigene Node bereit. Bei Bild-Texturen kann nun die Art der Interpolation ausgewählt werden. Bisher wurden Bilder grundsätzlich linear interpoliert; jetzt gibt es die Interpolationsmöglichkeiten nächster Nachbar bzw. ohne Interpolation, linear oder kubisch. Kubische Interpolation setzt voraus, dass das Open Shading Language-Backend angewählt ist.

Über die "Transparent Depth"-Option der "Light Path Node" lassen sich Shader unterschiedlich ansprechen, je nachdem wie häufig der Strahl durch transparente Oberflächen gegangen ist. Bisher gab der Renderer ab einer bestimmten Tiefe der Strahl einfach Schwarz zurück. Deshalb musste bei Szenen mit vielen transparenten Oberflächen wie etwa einem Laubwald eine sehr große Zahl an Bounces eingestellt werden, um dies zu verhindern.

Der Cycle-Renderer bekommt nicht nur neue Funktionen spendiert, sondern auch zahlreiche Optimierungen. So werden jetzt Szenen mit vielen transparenten Schatten um bis zu 50 Prozent schneller dargestellt; Szenen mit vielen Lichtquellen rauschen weniger. Haare und die prozedurale Voronoi-Textur werden schneller gerendert; die Vorbereitungen vor dem Rendern eines Bildes konnten ebenfalls beschleunigt werden.

Die Cartoon- bzw. Linien-Render-Engine "Freestyle" kann Linien jetzt mit Texturen versehen. Hierbei können entweder die vom internen Renderer unterstützten prozeduralen Texturen zum Einsatz kommen oder auch Bilder. Passend aufgeteilte Bitmaps stellt Freestyle in Richtung des Pfades dar und versieht sie mit Start- und Endkappen. Sämtliche neuen Einstellungen finden sich auch in der Python-API von Freestyle wieder. In die Sortierung der Freestyle-Linien kann jetzt manuell eingegriffen werden, um Render-Artefakte an den Enden der Linien zu beseitigen.

Bei Animationen können zur Interpolation verschiedene Presets gewählt werden, zum Beispiel das typische Hüpfen eines Balls oder harmonische Schwingungen. Diese Optionen erleichtern die Arbeit bei Motion Graphics und Cartoon-Animationen, da weniger Keyframes benötigt werden.

Die Arbeit mit Masken im Movie Clip- und Image-Editor hat ebenfalls neue Optionen erhalten. Jetzt unterstützen deren Kontrollpunkte ebenfalls verschiedene Interpolationsformen. Diese lassen sich pro Kontrollpunkt einzeln einstellen. So kann eine weiche Rundung über eine Bézier-Kurve nachgezeichnet werden; für scharfe Ecken ist ein "Vector"-Kontrollpunkt das Mittel der Wahl.

Beim Camera-Tracking lässt ein alternatives Modell für Linsen-Verzerrung bessere Ergebnisse erwarten, wenn extreme Weitwinkel-Objektive eingesetzt werden wie bei Action-Cams wie der GoPro. Das Tastenkürzel "H" blendet jetzt auch Plane Tracks aus. Bei nach dem Tracking automatisch erstellten Szenen erscheinen neu hinzugefügte Objekte nicht mehr auf der Schatten-Ebene, sondern auf der zuletzt ausgewählten Ebene.

Beim Sculpting mit dynamischer Topologie kann jetzt der Detailgrad festgesetzt werden. Zuvor hing er davon ab, wie nahe sich der Nutzer am Objekt befand. Über ein Auswahl-Werkzeug kann der Detailgrad auch von anderen Stellen des Objektes übernommen werden. Das alte Verhalten ist über eine Schaltfläche weiterhin nutzbar.

Wer Modelle für Computer-Spiele erstellt, benutzt dazu häufig die Funktion "Split Normals". Darüber lassen sich nicht nur Flächen, sondern auch Kanten und Punke als hart oder flach definieren. Split Normals funktionieren jetzt als Shading-Optionen, wodurch sie auch der interne Blender-Renderer sowie Cycles nutzen können.

Zum Export in diverse Game-Engines kann jetzt das FBX-Format in Version 7.4 genutzt werden. Es arbeitet binär und unterstützt alle Features des bisherigen ASCII-Exporters. Einzige Ausnahme sind Shape-Keys, welche in Blender 2.72 nachgereicht werden sollen. Der Exporter wurde mit den Engines "Unity", "Unreal Development Kit (UDK)" und der "Unreal Engine 4 (UE4)" getestet. Ein Blog-Post informiert über den Stand der unterstützten Features und der Zusammenarbeit mit den diversen Engines.

Die in Blender integrierte Game Engine berechnet Skelett-Animationen und Shape-Keys jetzt in mehreren Threads; die maximale Anzahl an möglichen Aktionen wurde auf rund 32 000 erhöht. Einzelne Logik-Elemente können jetzt deaktiviert werden. Das ist für Tests während der Spieleentwicklung nützlich; bisher ließen sich Logik-Elemente nur durch Löschung "ausschalten".

Blender 2.71: Erster Blick auf die neuen Features (5 Bilder)

Der Cycles-Renderer unterstützt jetzt auch Bewegungsunschärfe.

Auch die Umbauarbeiten am Interface gehen weiter. So lässt sich jetzt die Größe der Vorschaufenster für Materialien, Texturen und Videoscopes ändern. Das Operator-Popup, welches nach einer Aktion mit dem Tastenkürzel "F6" aufgerufen wird, kann sie jetzt an eine andere Stelle verschieben. Zudem hat das Mal-System neue Icons erhalten.

Neben den beschrieben Features wurden zahlreiche kleinere Features und Detail-Verbesserungen am Interface eingepflegt. Außerdem haben die Entwickler nach eigenen Angaben zusätzlich mehr als 390 Programmfehler behoben.

Blender läuft unter Windows, Mac OS X und Linux und steht ab sofort in Version 2.71 zum Download bereit. (ghi)