Interview mit Comspot-Chef Hencke zur Apple-Store-Konkurrenz

Vor fünf Jahren haben die ersten Apple Stores in Deutschland eröffnet. Das befürchtete Massensterben der Fachhändler blieb zwar aus. Doch für viele lokale Händler wird die Luft immer dünner – auch, weil sie von mehreren Seiten gleichzeitig angegriffen werden. Mac & i beschäftigt sich in Heft 4/2014 mit dem Problem. Teil der Recherche war dieses Interview.

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Von
  • Christoph Dernbach

Mac & i: Herr Hencke, demnächst eröffnet in Hannover ein neuer Apple Store. Sie haben diese Erfahrungen schon in Hamburg und Berlin gemacht. Wie wirkt sich ein neuer Apple Store in der Nachbarschaft auf das Geschäft von Fachhändlern aus?

Michael Hencke, Geschäftsführer von Comspot

Michael Hencke: Es waren sicher viele Kunden mal gucken und haben vor lauter vertriebsmotiviertem Personal auch etwas gekauft - oft aus reiner Verlegenheit, obwohl sie nichts brauchten. Im Consumer-Bereich haben wir bei Garantiereparaturen echte Einbußen hinnehmen müssen, weil Apple hilfesuchende Kunden vorrangig an die eigenen Stores verweist. Meist sind das uninformierte Kunden, die online oder über Elektronikmärkte ihren Weg zum ersten Apple-Produkt gefunden haben, da sie von unserer Art des Fachhandels nicht wissen. Das war früher deutlich anders, als der Fachhandel noch in Sachen Kundenzufriedenheit erste Wahl war. Wir spüren das deutlich an den fehlenden Neukontakten in den Service-Stellen und können diese Effekte fast tagesgenau an den Eröffnungstagen der Apple Stores festmachen.

Wie verhalten sich Ihre Firmenkunden? Gehen die auch neugierig in den neuen Apple Store?

Im B2B-Bereich gibt es beim Personal der Apple Stores arge technische Bildungsmissstände und fehlendes Lösungs-Know-how speziell bei Produkten, die nicht von Apple stammen. Aber gerade diese Produkte sind glücklicherweise im Business-Kunden-Umfeld unabdingbar. Hier beobachten wir hin und wieder auch unnötige Preisspielchen, die sich aber zumeist an übermotivierten Vertriebsmitarbeitern in den Apple Stores festmachen lassen und weniger im Modell an sich begründet scheinen. Die versuchen, fehlendes Know-how mit besseren Preisen zu kompensieren.

Gehen von den Apple Stores auch positive Impulse für Comspot aus? Andere Händler sagen gerne, dass sie zur Markenbildung beitragen und wenigstens keine Dumpingpreise anbieten, anders als etwa Saturn oder Media Markt.

Positive Impulse? Eher weniger. Es gibt immer mal wieder Kunden, die es lästig finden, weit entfernte Termine dort machen zu müssen. Aber auch hier fehlt es dem Fachhandel an nötiger Reichweite, diese Kunden wirtschaftlich sinnvoll zu erreichen, um ihnen einen anderen Service zu bieten. Es sind in der Tat viele Kunden seit iPhone und iPad hinzugekommen, die sich ihre Geräte irgendwo auf dieser Welt besorgen: von einer Mobilfunk-Vertragsverlängerung über Abo-Präsente oder durch ein Incentive ihres Arbeitgebers. All diese Kunden fühlen sich bei Apple besser aufgehoben. Unseren Apple-exklusiven Fachhandel kennen davon zu wenige. In der historisch gewachsenen Mac-Gemeinde kennt uns jeder, in der neuen iOS-Welt sind es nun einige tausend Verkaufsstellen mehr, die für uns mindestens den gleichen Wettbewerb bedeuten wie ein Apple Store in der Stadt, wenn nicht mehr.

Comspot-Filiale

Wie kommen Sie denn mit der Doppelrolle von Apple als Partner auf der einen Seite und als Wettbewerber auf der anderen zurecht?

Das sehen wir sportlich. Solange der Hersteller sich nicht wettbewerbsverzerrend verhält, ist die Welt in Ordnung. Es werden ja immer wieder Händler zitiert, die sich über eine schlechte Belieferung mit populären Geräten beklagen. Das können wir nicht bestätigen. Wir hatten schon mehrfach Ware in der Ausstellung, bevor sie im Apple Store stand. Die Kunden, die uns kennen, wissen das zu schätzen. Beim Mac Pro hatten wir beispielsweise knappe 14 Tage Vorsprung.

Comspot wird demnach bei der Verteilung neuer Apple-Produkte nicht benachteiligt? Kleinere Händler dagegen klagen schon darüber.

Da höre ich auch immer wieder Unterschiedliches. Da wir als Apple Premium Reseller in der Nahrungskette gleich nach dem Apple Store kommen und uns in der Vergangenheit mit hohen Stückzahlen in Position bringen konnten, profitieren wir auch bei Neuvorstellungen immer wieder von anständiger Zuteilung bei knapper Ware. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie am Tag der Neuvorstellung bei uns das nächste iPad bekommen, ist deutlich größer als im Apple Store. Und dafür müssen Sie nicht nachts auf dem Klappstuhl vor der Tür kampieren. Wenn Sie als Händler 10.000 Stück bestellen und 2000 bekommen, ist das für den Start super. Wenn Sie als kleiner Händler 10 bestellen und im „fair share“ dann aber nur zwei bekommen, dann fühlt sich das unfair an, ist aber im Verhältnis richtig.

Seit dem Turn-around von Apple Ende der 90er Jahre sind Apple-Geräte keine Nischenprodukte mehr, sondern in bestimmten Marktsegmenten Mainstream. Gleichzeitig wurden von Apple aber auch die Vertriebswege deutlich ausgeweitet. Wie sieht für einen Fachhändler wie Comspot unter dem Strich die Bilanz aus? Konnte mit der steigenden Popularität der Apple-Produkte die wachsende Konkurrenz kompensiert werden?

Wir betätigen uns auf verschiedenen Geschäftsfeldern und sind die letzten Jahre im Schnitt marktunüblich um 25 bis 30 Prozent gewachsen. Ich spreche hier nicht nur vom Umsatz, sondern auch vom Ergebnis, was uns sehr freut. Allerdings sind die Wettbewerber wie Saturn allesamt vorwiegend im B2C-Bereich tätig, wenden sich also an den privaten Endkunden. Auch hier gilt eigentlich, dass diese Verkaufsstellen jenseits des Fachhandels nur über den Preis wahrgenommen werden. Leider schmerzt es ab und zu, Angebote mitmachen zu müssen, die eigentlich für beide Seiten wirtschaftlich unsinnig sind. Glücklicherweise sind wir in unserer Handelsform konditionell besser gestellt, sodass jeder seriöse und legale Preis darstellbar ist, was wir in der Regel auch tun. Schon aus Trotz ist ein schlechter Auftrag immer noch besser als gar kein Auftrag. Leider haben innerhalb der EU auch halbseidene Mehrwertsteuer-Betrüger ihre Ware im Umlauf, was immer wieder zu Irritationen führt. Von sämtlichen deutsche Abgaben wie der Urheberrechtsabgabe oder Zöllen befreit bis hin zum Umsatzsteuerbetrug kommt es teilweise zu ganz merkwürdigen Tagespreisen.

Macht Comspot denn jede Schnäppchenaktionen mit? Bei Ihrem Wettbewerber mStore war das ja einer der Gründe, die zu großen Problemen führte. Wie lautet das Konzept von Comspot, sich im Wettbewerb der Billigheimer zu behaupten?

Das muss jeder für sich entscheiden. Es liegt am Ende nicht nur am Verkaufspreis, sondern auch am Einkauf. Und dann sind da ja noch die Kosten. Hätte ich 17 Filialen am Bein, hätte ich mich längst erschossen (lächelt). Ein Endkunden-Outlet mit reinem Point-of-Sales-Geschäft in bar oder EC an der Kasse kann man nach den Vorgaben von Apple nicht mit schwarzen Zahlen führen. Da stehen viel Aufwand und fragwürdige Regeln im Weg. Ich werde unser Konzept hier nicht an die große Glocke hängen. Denn derzeit fahren wir noch Gewinne in der Höhe der Verluste anderer ein – und das soll noch eine Weile so bleiben.

Welches Potenzial sehen Sie im B2B-Markt für Comspot?

Da wir im heterogenen Bereich gut aufgestellt sind und auch Zertifizierungen im Umfeld von Windows und Linux ernst nehmen, gibt es da ein Riesen-Potenzial im mobilen iOS-Umfeld. Der klassische Mac-Kunde stirbt eher langsam aus. Wer sich nicht um den Rest der Welt kümmert, wird es zusehends schwerer haben. Wir bemühen uns mit dem Vertriebsteam um solide Beratungsleistung für Lösungen beim Einsatz mobiler iOS-Geräte und kommen gut voran.

Wie sieht es im Bildungsbereich aus? Gibt es hier noch Felder für Fachhändler zu erobern?

Für den Einsatz der Tablets ist die Zeit jetzt auch im Bildungsumfeld gekommen. Erste Schulklassen stellen ihren Unterricht um auf digitale Inhalte und die Schulranzen der Kinder verlieren das ein oder andere Kilo. Dank der irrwitzigen Auflagen der öffentlichen Beschaffungsstellen, der ständigen Geldnot der Bildungseinrichtungen und des harten Wettbewerbes ist das allerdings das undankbarste Umfeld, in dem wir aktiv sind. Zwei Jahre Vorarbeit sind im Nu dahin, wenn in der Ausschreibungsphase ein besserer Preis um die Ecke kommt. In meinen Augen ist mit dem etwas niedrigeren Preis aber keinem geholfen. Die Ware kommt vom anderen Ende der Welt, Service-Probleme können nicht lokal gelöst werden, die Lösungen sind teilweise halbgar und nicht an die speziellen Anforderungen angepasst. Und am Ende steht das Equipment wohl auch noch herum, weil niemand es bedienen kann. Ich plädiere dafür, das Beschaffungssystem deutlich zu reformieren, denn das was es eigentlich machen soll, tut es nicht.

Grast Apple Firmenkunden sowie die Schulen und Universitäten nicht schon selbst ab?

Die ganz großen B2B-Kunden adressiert Apple gern mal direkt und international. Die lokalen eher über das Backoffice im Apple Store. Aber Abgrasen würde ich das nicht nennen. Die arbeiten dann eher mit der Brechstange von Leuten, die nichts zu bieten haben außer einem guten Preis. Es gibt immer ein paar Kunden, die sich freuen, ihre zwei iPads billiger gekauft zu haben. Den wirtschaftlichen Effekt fürs eigene Unternehmen mag da jeder Einkäufer selbst beurteilen. Will er sich wirklich im Servicefall drei Wochen lang auf den Termin wartend gedulden? Was das wohl kosten mag? Glücklicherweise finden wir da immer wieder wertschätzende Kunden, die das genau so sehen.

Den Artikel "Schwieriges Geschäft – Apple-Fachhändler und die Konkurrenz" lesen Sie in Mac & i Heft 4/2014 ab S. 144. (se)