Österreichischer Supercomputer in Öl

Öli statt Ötzi: Bislang gab es nur kleine Testinstallationen, nun wagt sich ein Konsortium österreichischer Universitäten auf Neuland mit einem Großrechner der 600-TFlops-Klasse in Öl.

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Von
  • Andreas Stiller

Nach vergleichsweise kleinen Testinstallationen etwa am TACC in Texas beim CGG in Houston oder an der Universität Tokio hat es nun ein Zusammenschluss österreichischer Universitäten rund um die Technische Universität Wien herum erstmals gewagt, einen kompletten Großrechner in Öl zu tauchen. Am Freitag nun wird das System in Anwesenheit des Wissenschaftsministers Reinhold Mitterlehner der Öffentlichkeit vorgestellt. Es soll noch im Verlaufe des Juli den Testbetrieb aufnehmen.

Sieht sehr anders aus als herkömmliche Supercomputer: Die Container des VSC-3 mit den Logos der beteiligten Unis und Firmen

(Bild: Claudia Blaas-Schenner/vsc)

Beteiligt am VSC-3 sind neben der TU Wien und der großen Wiener Rudolphina-Universität auch Universitäten aus Graz, Klagenfurt, Leoben und Innsbruck. Die Finanzierung wird von ihnen gemeinsam im Rahmen ihrer Leistungsvereinbarungen mit dem Wissenschafts- und Forschungsministerium getragen: über 7 Millionen Euro für Beschaffung und 2 Millionen Euro für die Herrichtung der Rechnerräume und der klimatechnischen Infrastruktur.

"Das Konsortium der Universitäten" so der experimentierfreudige Prof. Dr. Störi vom Institut für angewandte Physik der TU Wien und wissenschaftliche Leiter des Projekts zu heise online, "fühlt sich verpflichtet, auch mal einen Schritt in technologisches Neuland zu wagen, wenn dies vernünftig erscheint." Man habe allerdings schon gut zwei Jahre Erfahrung mit einem kleineren System, denn so einfach ist das mit dem Öl nicht zu beherrschen -- die Japaner etwa klagten auf der ISC'14 über doch sehr schmierige, klebrige Räume. Zum Einsatz kommen dabei spezielle, biologisch abbaubare nichtbrennbare Mineralöle mit hohem Wärmeleitungskoeffizienten. Allein durch den Wegfall der Ventilatoren in den Rechenknoten hofft man 10 bis 15 Prozent an Energie gegenüber herkömmlichen Kühlverfahren einzusparen.

Der Auftrag für den Vienna Scientific Cluster 3 (VSC-3) ging im Januar an das niederländische Systemhaus Clustervision, das immerhin 1756 beziehungsweise mit Erweiterungen 2020 Knoten zu installieren hatte, jeweils bestückt mit zwei Intel Xeon E5-2650v2 und Intel InfiniBand QDR, das sind dann gut 30.000 Kerne. Mit einer geschätzten Linpack-Leistung von 600 TFlops wird das dann der bei Weitem größte ölgekühlte Cluster weltweit. Mit 500 bis 600 kW hält sich dabei der Energieaufwand in Grenzen.

Die zugrundeliegende Öltechnik wurde von GreenRevolution Cooling entwickelt wozu Supermicro-Boards speziell präpariert wurden. So musste man Plastik durch Silikon ersetzen. Die Einschübe kommen in spezielle Container, CarnotJets genannt. Über Pumpen und Wärmetauscher wird die Abwärme ans Kühlwasser weitergeleitet, das mit 45 °C im Winter die Universitätsräume heizen soll, was die Effizienz noch weiter steigert. (as)