SAP gegen Susen: Ring frei zur zweiten Runde
Der Lizenzhändler Susensoft hat SAP mit Erfolg verklagt,weil SAP-Nutzer ihre Lizenzen nur mit Zustimmung des Herstellers verkaufen dürfen. Das Urteil ist jetzt rechtskräftig, an der Rechtslage ändert das jedoch wenig.
Wer Anwendungen des Softwarehauses SAP nutzen will, muss auch dessen allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) akzeptieren. Denen zufolge war es bislang es so gut wie unmöglich, einmal erworbene SAP-Lizenzen wieder zu verkaufen – weil sich die Anwenderzahl verringert hat oder gar deshalb, weil der Lizenzinhaber pleite ist. Die Situation steht im Konflikt mit der bilanzrechtlichen Handhabung solcher Lizenzen, die oft mit sechs- bis siebenstelligen Eurobeträgen zu Buche schlagen und über eine Nutzungsdauer von drei Jahren abzuschreiben sind.
(Bild:Â dpa, Uwe Anspach/Archiv)
Außerdem sind SAPs Forderungen ein Dorn im Fleische des Lizenzhändlers Axel Susen, Geschäftsführer der Firma Susensoftware. Diese verkauft Unternehmern, die zusätzliche Mitarbeiter mit SAP-Lizenzen versorgen müssen, gerne Lizenzpakete aus zweiter Hand. Dabei musste sie aber wiederholt Geschäftsabschlüsse rückabwickeln, weil SAP mit Verweis auf die AGB quer schoss. Denen zufolge dürfen nämlich erstens die Erst-Inhaber ihre Lizenzen gar nicht ohne schriftliche Zustimmung des Herstellers verkaufen (Weitergabe-Klausel), und zweitens dürfen SAP-Nutzer die Erweiterung ihres Lizenzumfangs ausschließlich mit SAP selbst aushandeln (Zukauf-Klausel).
Erfolg vor Gericht
Susen ist gegen beide Klauseln vor Gericht gezogen und hat im Oktober vor dem Landgericht Hamburg Recht erhalten. Das Gericht hat einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gemäß dem Gesetz zum unlauteren Wettbewerb erkannt. Wenig überraschend hat SAP Berufung gegen das Urteil eingelegt – und diese viel überraschender jetzt zurückgezogen. "Urteil gegen SAP rechtskräftig" frohlockte Susensoft postwendend in Pressemitteilungen und ließ die Walldorfer Juristen wie reumütige Sünder erscheinen.
SAP sieht das freilich anders: Demnach hat der Konzern seine Berufung nur deshalb zurückgezogen, weil er die beklagten AGB mittlerweile angepasst hat und keinen Sinn darin sieht, über die Haltbarkeit überholter Geschäftsbedingungen zu prozessieren. Die überarbeiteten Regeln unterscheiden sich allerdings gar nicht sehr von den alten, nur dass sie jetzt erst einmal vom Unterlassungsanspruch der Hamburger Richter unberührt bleiben. SAP hat nämlich seine Weitergabe-Klausel nur für diejenigen Lizenzinhaber aufgehoben, die mit einem Schlag ihren gesamten Lizenzbestand abstoßen wollen – eine Minderheit der betroffenen Interessenten – und verlangt außerdem, jeweils unverzüglich über die Käufer von Gebrauchtlizenzen informiert zu werden.
Neue Geschäftsbedingungen
Die Forderung ist verständlich, weil sich SAP nur darüber gegen illegale Nutzer wehren kann, doch sie gibt dem Konzern auch Gelegenheit, genauso unverzüglich Druck auf die Käufer von Gebraucht-Lizenzen auszuüben. Diese müssen nämlich aufgrund der Lizenzbedingungen immer auch einen passenden Wartungsvertrag mit SAP unterhalten, und wenn SAP solchen Lizenzinhabern den fälligen Wartungsvertrag nicht oder nur sehr teuer anbietet, wird der Spareffekt durch die Gebrauchtlizenz leicht hinfällig. Für Betriebe, die nur ein Teilkontingent ihrer SAP-Lizenzen veräußern wollen, hat sich gar nichts geändert.
Ähnlich subtil sind die Änderungen der ebenfalls beklagten Zukauf-Klausel. Man könnte daraus folgern, SAP habe seinen Rechtsstandpunkt keineswegs geändert, sondern lediglich die Strategie, mit der es seine AGBs vor Gericht verteidigt. Das räumte auch Susen gegenüber heise online ein und kündigte an, die neuen Klauseln sorgfältig zu prüfen und womöglich erneut vor Gericht zu ziehen. (hps)