Flau-Vermeidung: Selektives Nachschärfen

Wenn flaue oder ungeschärfte Kamera-Bilder für den Druck aufbereitet werden sollen, bemüht man gemeinhin Photoshop & Co. Durch eine zugefügte Maske lassen sich Unscharf-Maskieren-Filter (USM) präzise auf die nachzuschärfenden Bildpixel ausrichten.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Carsten Meyer
Inhaltsverzeichnis

Wenn schmale Motivdetails als scharfe, etwa ein Pixel breite Linien abgebildet werden, kann man mit der Schärfe zufrieden sein. Der schmale helle Rand um die dunkle Stange in der 8fachen Vergrößerung zeigt,dass die Kamera hier bereits intern geschärft hat

Von einer guten Digitalkamera bei mittleren Blendenwerten aufgenommene JPEG-Fotos sind schon intern "vorgeschärft", hier lässt sich kaum noch etwas verbessern. Für ungeschärfte Bilder aus einer Profi-Kamera, beispielsweise im Raw-Format, gilt dies nicht; auch wenn Fotos durch Hinzurechnen von Pixeln (Interpolation) vergrößert werden, ist Nachschärfen angebracht.

Zudem gibt es neben der objektiven Schärfe auch eine subjektive „gefühlte“ Schärfe. Für letztere spielt die Überhöhung des Kantenkontrasts eine Rolle. Ein weniger scharfes Bild mit verstärkten Kantenkontrasten kann deshalb vom Auge als schärfer empfunden werden als ein scharfes Bild mit unverstärkten Kontrasten.

Für die Kräftigung und gegebenenfalls Überhöhung des Kantenkontrasts sorgt der Unscharf-Maskieren-Filter (USM), wie er in besseren Bildverarbeitungs-Programmen immer vorhanden ist. Der Name impliziert bereits, dass in ihm bereits eine Maske steckt: Eine unscharfe (weichgezeichnete) Kopie des zu schärfenden Bildes. Es ist möglich, mit einer solchen Unscharfmaske und zweimaliger Anwendung des Bildberechnungs-Dialogs die Arbeitsweise des USM-Filters nachzustellen, für die tägliche Arbeit ist das aber zu kompliziert. Wir wollen den Filter deshalb so verwenden, wie er ist – und seine Unzulänglichkeiten (siehe Kasten „Scharfzeichnungsfilter“) mittels einer von außen zugefügten Maske ausgleichen.

Das Ziel ist wieder, die Wirkung des Filters präzise auf die Bildpixel zu konzentrieren, die geschärft werden sollen, sie aber von anderen Pixeln abzuschirmen. Dazu benötigen wir eine Konturenmaske, welche die zu schärfenden Bildkonturen freigibt, den Rest des Bildes aber abdeckt. Die einzelnen Schritte werden im Folgenden wieder anhand des Bildbearbeitungsprogramms Paint Shop Pro erklärt. Auf Gimp und Photoshop gehen wir ein, wenn Besonderheiten auftreten. Auf Einstellungsebenen muss man übrigens nun generell verzichten, denn eine Einstellungsebene „Schärfen“ gibt es leider in keinem der Programme.

Zuerst muss die zu schärfende Bildebene dupliziert werden. Dann wird das Ausgangsbild für die Konturenmaske gesucht, es sollte möglichst rauscharm und kontrastreich sein. Die schnellste, aber nicht die beste Lösung wäre, dafür die Graustufenversion des zu schärfenden Bildes zu nehmen: Paint Shop Pro füllt die Maske automatisch mit dieser Version, wenn Sie Ebenen>Neue Maskenebene>Aus Bild und die Option Helligkeit der Quelle wählen. Prüfen Sie stattdessen, ob ein einzelner Farbkanal besser geeignet ist (der Grünkanal ist oft gut geeignet). In Gimp und Photoshop können Sie in die Kanälepalette schauen, in Paint Shop Pro scheidet das aus, denn selbst in der neuesten Version gibt es noch keine Kanälepalette. Als Alternative bleibt, per Bild Kanäle trennen>RGB-Trennung die drei Farbauszüge als Einzelbilder zu erzeugen.

Diese Nahaufnahme durfte nur in den Vordergrundbereichen nachgeschärft werden, zudem galt es, jede Überschärfung zu vermeiden. Das gelingt nur mit einer manuell nachbearbeiteten Konturenmaske. Die beiden Ausschnitte das Auge vor und nach der Schärfung.

Gimp verfügt zwar über eine Kanälepalette, bereitet aber ein anderes Problem: Die Kanäle lassen sich nicht ausschneiden oder kopieren. Die Umwandlung in eine Ebenenmaske ist aber trotzdem recht einfach: Klicken Sie mit der rechten Maustaste in der Kanälepalette auf die Miniatur des gewählten Kanals, wählen aus dem Menü „Auswahl aus Kanal“, wechseln zur Ebenen-Palette, klicken wieder mit rechter Maustaste auf die Ebenenminiatur, wählen „Ebenenmaske hinzufügen“ und im erscheinenden Dialog „Auswahl“.

In Paint Shop Pro legen Sie mit Ebenen>Neue Maskenebene>Alles maskiert (oder schneller mit Umschalt+Y) eine neue Maskenebene an, wählen diese aus (Strg+A) und kopieren mit Bearbeiten>In eine Auswahl einfügen (Strg+Umschalt+L) das für die Maske ausgewählte Bild hinein. Rufen Sie den Kurvendialog auf und verstärken Sie mittels einer ausgeprägten S-Kurve den Kontrast der Maske, damit es der nachfolgend angewandte Konturenfilter (Effekte>Kanteneffekte>Alle Kanten suchen) etwas leichter hat. In Photoshop finden Sie den entsprechenden Filter unter Filter>Stilisierungsfilter>Konturen finden, in Gimp verwenden Sie Filter>Kanten finden>Kanten und als Algorithmus „Sobel“.

Gimp bietet angenehm große Miniaturen in der Kanälepalette (stellen Sie in den Palettenoptionen die Größe auf „gigantisch“), was die Auswahl eines geeigneten Kanals erleichtert.

Invertieren Sie nun das Konturenbild (Umschalt+K), öffnen den Dialog „Kurven“ oder „Niveaus“ und verstärken noch einmal den Kontrast. Die nicht zu schärfenden Bereiche sollten einheitlich schwarz sein, die Konturen möglichst hell. Achten Sie aber darauf, dass die Konturen nicht zu breit werden und nicht miteinander verschmelzen. Als nächster Schritt werden mit dem Gaußschen Weichzeichner und einem geringen Radius (1 bis 3 Pixel) die Konturen egalisiert und etwas verbreitert. Da sie das wieder abdunkelt, folgt eine weitere Kontrasterhöhung. Das können Sie mehrmals wiederholen. In Photoshop ist zur Verstärkung der Konturen der Filter Tontrennung&Kantenbetonung (unter Filter>Kunstfilter zu finden) gut geeignet.