Prioritäten setzen: Mehr Lichterzeichnung aus Digitalfotos herausholen

Noch weisen Digitalkameras gewisse Schwächen gegenüber dem Fotografieren auf Film auf, denen der Highlight Priority Modus neuer Canon-Spiegelreflexkameras begegnen will: Der verspricht mehr Dynamik auch ohne den HDR-Aufwand.

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Lesezeit: 21 Min.
Von
  • Johannes Leckebusch
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Digitalkameras haben im Consumer-Knipsbereich mit Film geladene Kleinbildkameras so gut wie vollständig verdrängt, während im Amateur- und Profisektor immer noch einige Widerständler auf die chemische Lebensart schwören. Noch weisen Digitalkameras nämlich gewisse Schwächen gegenüber dem Fotografieren auf Film auf. Denen will der Highlight Priority Modus neuer Canon-Spiegelreflexkameras begegnen, der mehr Dynamik auch ohne HDR-Mehrfachaufnahmen und dem damit verbundenen Aufwand verspricht.

Mit ISO 100 normal belichtete Aufnahme. Das Gelb des Kirchturms ist in der Sonne etwas ausgebleicht, die Wolkenzeichnung am Himmel schwach.

Der Belichtungsspielraum und Tonwertreichtum von Negativfilm gilt nach wie vor als unerreicht. Vor allem reagiert Negativfilm auf Überbelichtung (also auch auf besonders helle Partien oder "Lichter" im Motiv) mit allmählichem "Zumachen" oder einer verflachenden Gradationskurve. Digitalkameras neigen dagegen zu mehr oder weniger heftigem "Abschneiden" der Lichter, auch "Clipping" genannt – oder im Fotojargon: Ausfressen. In weniger extremen Fällen wird einfach nur die "Lichterzeichnung" beispielsweise eines Himmels blass und unscheinbar. Dagegen kann man aber einiges tun – mit besonderen Aufnahmetechniken und gegebenenfalls Nachbearbeitung in einem Fotoprogramm.

Um die Umsetzung hoher Motivkontraste in ein gut durchgezeichnetes Bild besser zu bewältigen wird heute gerne HDRI (High Dynamic Range Imaging) eingesetzt – das geht aber nur bei unbewegten Szenen und erfordert einen hohen Aufwand bei der Aufnahme – in der Regel mehrere unterschiedlich belichtete Bilder vom Stativ aus. Wenn sich im Bild etwas bewegt, schafft das Probleme.

Mit ISO 2oo (HPM) belichtet. Das Gelb des Kirchturms ist etwas satter, messtechnisch findet man in den Lichtern etwas niedrigere RGB-Werte. Der Himmel erscheint kaum verändert.

Es gibt aber andere Möglichkeiten, mehr an Durchzeichnung als üblich aus einer Digitalaufnahme herauszuholen. Für Fotoamateure bieten die neuesten Kameras von Canon, die EOS 40D und die 450D, einen sogenannten HP-Modus (highlight priority modus oder HPM), auch "Tonwertpriorität" in der deutschen Sprachversion genannt. Die Wirkung dieser Aufnahmeart ist allerdings mit einem Gewinn von einer Blendenstufe in den Lichtern relativ gering und nicht dosierbar. Dafür funktioniert sie mit fertig aus der Kamera kommenden JPEG-Bildern ohne weitere Nachbearbeitung und ohne dass der Fotograf bei der Aufnahme sonst etwas einstellen oder beachten müsste.

Generell entstehen etwas weichere Fotos. Von den untersuchten RAW-Konvertern beherrscht dies allerdings nur Canons hauseigenes Digital Photo Professional (DPP). Ähnliches erreicht man mit absichtlich unterbelichteten Aufnahmen im RAW-Format und nachfolgender Bildbearbeitung mit entsprechendem Tonwertausgleich.

Das Verhältnis der Helligkeiten in einer Szene – oder, fotografisch gesprochen, der Objektkontrast – kann sehr gering sein – etwa 1:100 oder sogar erheblich weniger (diesiges Wetter, Nebel, Papiervorlagen), aber auch extrem groß, etwa bei sonnenbeschienener Landschaft, an die ein schattiger Wald grenzt, oder in Gegenlichtsituationen: Kontraste von 1:10.000 oder gar 1:100.000 und mehr sind möglich. Die letztgenannten Kontraste kann das menschliche Auge noch "gleichzeitig" erfassen (insgesamt ist sein Spielraum zwischen erfolgter Adaption im Mondschein oder einer Sonnenszene im Schnee millionenfach). Ein Landschaftsmotiv mit Sonne im Rücken kann sich dagegen im "normalen" Bereich 1:500 bis 1:1000 bewegen.