Ende eines Gedankenexperiments

Die bislang verwendeten Hirnelektroden, über die gelähmte Menschen Roboterarme und -beine kontrollieren können, sind bislang nur für einen begrenzten Zeitraum haltbar. "Neuronaler Staub" soll Abhilfe schaffen.

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Von
  • Scott Goldsmith

Die bislang verwendeten Hirnelektroden, über die gelähmte Menschen Roboterarme und -beine kontrollieren können, sind bislang nur für einen begrenzten Zeitraum haltbar. "Neuronaler Staub" soll Abhilfe schaffen.

Die komplett gelähmte Amerikanerin Jan Scheuermann konnte mal Kraft ihrer Gedanken einen Roboterarm steuern. Mit "Hector" bewegte sie Bauklötze und konnte sich sogar Schokoriegel in den Mund schieben. Sie steuerte ihn durch zwei Gehirnimplantate. Der Versuch erregte weltweit Aufmerksamkeit. Doch diese Bündel mit 192 Elektroden haben nach einigen Monaten aufgehört, Signale zu empfangen.

Für die Forscher war das wenig überraschend: Das Gehirn bietet eine feindliche Umgebung für die Elektronik. Zudem können kleine Bewegungen der Implantate Narbengewebe verursachen. Scheuermann hatte im Alter von 40 Jahren durch eine Nervenkrankheit die Kontrolle über ihren Körper nach und nach verloren. Nun musste sie zum zweiten Mal miterleben, wie ihre Fähigkeiten schwanden: "Ich war enttäuscht, dass ich wohl nie mehr erreichen würde, was ich schon geschafft hatte."

Ihre Geschichte ist exemplarisch dafür, wie schnell Gehirn-Maschine-Schnittstellen sich entwickelt haben. Aber auch dafür, was noch erreicht werden muss: Die kleinen Platinen in ihrem Kopf stammen aus den frühen Neunzigern. Joe Carmena von der Berkely Universität in Kalifornien erklärt das so: "Im Weltraum sieht man auch nicht den neuesten PC. Man braucht die robusteste Technik. Das Gleiche gilt bei dem Chip."

Ein Nachfolger der Elektrodenbündel könnte etwa der "Neuronale Staub" werden, den Forscher an der Berkely Universität in Kalifornien entwickeln. Mikrometerkleine piezoelektronische Sensoren sollen im Gehirn verteilt werden und mithilfe von reflektierten Schallwellen elektrische Entladungen aus nahe gelegenen Neuronen erfassen.

Doch wenigstens mental hat sich die Schnittstelle für Scheuermann als wirkungsvolle Medizin erwiesen. Zuerst sei sie passiv gewesen und hätte nicht gelächelt, sagen die Ärzte. Das Experiment hätte sie aber elektrisiert: "Ich habe es geliebt. Zum ersten Mal seit 20 Jahren hatte ich wieder Kollegen, und ich habe mich gefühlt, als würde ich gebraucht." (bsc)