Auch Partnerbörse OkCupid manipulierte Nutzer mit Experimenten

Wer Internet-Dienste nutzt, muss damit rechnen, dass an ihm experimentiert wird - das ist die harte Botschaft der Partnerbörse OkCupid. Sie berichtete über drei Versuche, bei denen Profile von Nutzern verändert wurden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 70 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Nach der Aufregung über Facebooks Psychoexperiment gießt die Partnerbörse OkCupid Öl ins Feuer und enthüllt eigene Versuche mit Nutzerdaten. Bei einem davon wurde Mitgliedern angezeigt, dass sie den Algorithmen zufolge besser zu einander passten als eigentlich errechnet. OKCupid habe damit testen wollen, wie stark solche Empfehlungen das Verhältnis der Menschen beeinflussen, hieß es am späten Montag in einem Blogeintrag. Er trug den provokanten Titel "Wir experimentieren an Menschen!".

Partnervermittlung und Experimente mit Menschen: Okcupid macht offenbar beides.

(Bild: Screenshot)

Bei anderen Experimenten seien Fotos und Profilinformationen ausgeblendet worden. Die Nutzer seien anschließend über die Versuche aufgeklärt worden, hieß es. Bei OkCupid wurde Mitgliedern mit einer von der Software ermittelten Übereinstimmung von 30 Prozent angezeigt, sie passten angeblich sehr gut zu einander mit einem Wert von 90 Prozent.

Man habe testen wollen, «ob Leute einander mögen, nur weil sie denken, das müsse so sein», schrieb OKCupid-Manager Christian Rudder. Das trat auch ein: Die Nutzer in dem Versuch tauschten deutlich mehr Nachrichten aus als sonst bei einem Übereinstimmungswert von 30 Prozent. Bei den Versuchen sei es darum gegangen, den Service besser zu machen und die Nutzer besser zu verstehen, betonte Rudder.

In einem anderen Testfall wurden im Januar 2013 zum Start einer neuen App für sieben Stunden alle Profilbilder ausgeblendet. In dieser Zeit hätten die Nutzer mehr und tiefgründiger miteinander kommuniziert und schneller Kontaktinformationen ausgetauscht, schrieb der OKCupid-Manager. Als am Nachmittag die Bilder wieder freigeschaltet wurden, hätten sich 2200 Mitglieder unterhalten, ohne die Fotos der anderen Person zu kennen. Viele dieser Kontakte seien danach umgehend versiegt: «Es war, als hätten wir in einer Bar um Mitternach grelles Licht angemacht.» Ein weiterer Versuch habe ergeben, dass Nutzer viel mehr auf Fotos als auf den Profiltext achten.

Jeder, der das Internet nutze, sei jederzeit Ziel hunderter Experimente, schrieb Rudder. "So funktionieren Websites nunmal." Anbieter bräuchten Versuche dieser Art, um neue Wege zu testen: "Die meisten Ideen sind schlecht. Selbst die guten Ideen könnten besser sein. Experimente sind die Art, wie man das alles herausfindet."

In den Nutzungsbedingungen von OKCupid steht, dass Nutzerdaten für Forschungszwecke eingesetzt werden können. Auch Facebook nahm inzwischen eine entsprechende Passage in seine Bestimmungen auf. Kritiker des Facebook-Experiments hatten zugleich bemängelt, dass vielen Nutzern nicht klar sei, was sich hinter diesen Worten verstecke und es keine ausdrückliche Zustimmung der Mitglieder zu dem konkreten Versuch gegeben habe.

Facebook hatte mit einem Experiment für Aufruhr gesorgt, bei dem Mitgliedern künstlich mehr positive und negative Beiträge in dem Nachrichtenstrom angezeigt wurden. Dabei sollte getestet werden, wie die unterschiedliche Stimmung auf die Nutzer abfärben würde. (axk)