Analyse: Unter Facebooks Fittichen kann Oculus das ganze Potenzial entfalten

Oh noes, Facebook hat Oculus gekauft. Das ist das Ende, Ausverkauf, Kommerz. Vielleicht ist es aber ganz gut, dass Oculus die Rift mit einem so starken Partner im Rücken ausentwickeln kann. Das Development Kit 2 zeigt, dass sie auf dem richtigen Weg sind.

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Die Reaktion der Community war abzusehen: Das ist das Ende. Als Mark Zuckerberg zwei Milliarden US-Dollar für die Entwickler der Virtual-Reality-Brille Oculus Rift auf den Tisch legte, ließen deren Fans alle Hoffnung fahren. Nerdistan trägt wieder einen Helden zu Grabe, der in der aussichtslosen Schlacht gegen die totale Kommerzialisierung gefallen ist. Denn Facebook genießt in gewissen Kreisen inzwischen einen höchst zweifelhaften Ruf und schickt sich an, Microsoft als das offizielle Evil Empire™ zu beerben.

Schöne Aussichten für Oculus Rift – trotz Facebook und erst Recht mit DK2.

Man darf sich fragen, ob das Wehklagen im Falle einer Übernahme durch Google auch so laut gewesen wäre. Denn Zuckerberg verfolgt mit der Übernahme eine Strategie, die Google – übrigens trotz des niedlichen Firmenmottos auch so ein Kandidat für das Microsoft-Erbe – seit Jahren erfolgreich vorexerziert: Innovative Startups übernehmen, hochpäppeln und dann mal gucken, was passiert. Das klappt auch nicht immer, aber im besten Fall kommt so etwas wie Android dabei raus.

Weitgehend unbeobachtet hatte Google im Sommer 2005 ein kleines Startup von Andy Rubin übernommen und zwei Jahre später seinen Androiden der Weltöffentlichkeit präsentiert. Ende 2010 wurden erstmals mehr Smartphones mit Android verkauft als mit dem bisherigen Marktführer Symbian. Heute hat Android einen Marktanteil von 80 Prozent, weit vor Apples iOS. Zwei branchenfremde Unternehmen haben in nur ein paar Jahren die Mobilfunkindustrie komplett auf den Kopf gestellt. Kein Normalo unter 20 weiß heute noch, was Symbian war.

Im Falle von Oculus VR muss man kein Insider sein, um das Potenzial der Brille zu erkennen – zumindest für die Computerspielbranche dürfte Oculus Rift ein Game Changer sein. Wer die Brille einmal aufgehabt hat, sieht das sofort. Erst die Rift wird dem oft missbrauchten Label "Virtual Reality" wirklich gerecht. Die Aussichten für den Computerspielmarkt alleine rechtfertigen schon das Zwei-Milliarden-Investment. Vielleicht erbarmt sich Zuckerberg ja auch noch und verhilft Second Life zu einem zweiten Leben: "Third Life".

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Dabei birgt das System auch jenseits der Daddelei viel Potenzial: Visualisierung zum Beispiel von Architektur in der Planungsphase, zu Ausbildungszwecken, in der Telemedizin. Es ist eine vielseitige Plattform, die Facebook da jetzt hat. Zuckerberg ist Nerd genug, um das zu wissen. Als Unternehmer hat er genug Kapital, um Oculus zur Serienreife und in Masse auf den Markt zu bringen. Und seine Investoren sind schlau genug, sie erst mal machen zu lassen. Das neue DK2, das die "Erfahrung" (und nur bei Oculus hat dieser holprige Anglizismus seine Berechtigung) der ersten Version noch einmal toppt, sollte Anlass genug für weiteren Vertrauensvorschuss sein.

Mit Facebooks Finanzkraft kann Oculus direkt große Stückzahlen und das nötige Marketing stemmen, wenn die Rift serienreif ist. Das ist wichtig, denn mit Sony steht ein alter Hase der Elektronik- und Spielebranche bereit, die junge Konkurrenz plattzumachen. Jetzt sollten auch die Oculus-Fans ein bisschen Gelassenheit aufbringen und begrüßen, wenn jemand neue Technik nicht der alten Garde zum Fraß überlassen will. Lasst sie mal machen.

Oculus Rift DK2 (12 Bilder)

Die zweite Entwicklerversion der Oculus Rift hat nun ein OLED-Display.

(vbr)