Der Supersportmarkt ist tot, weil er totgesagt wurde

Totsagen tötet

Wir Motorrad-Kompetenzsimulanten wissen es seit langem: "Der Supersportmarkt ist tot." Wir wissen das so gut, weil wir selber mit daran geschraubt haben, ihn zu beerdigen. Aber es gibt Hoffnung ...

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Trübe Aussichten für Supersportler. Sie verkauften sich über Nacht nicht mehr. 8 Bilder
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

"Der Supersport-Markt ist tot", lautet die derzeit beliebteste Binsenweisheit unter uns Motorradkompetenzsimulanten. Sie stimmt. Viel interessanter als die Aussage selbst ist jedoch ihr Hintergrund. Als ich 2006 anfing, Zulassungsstatistiken zu lesen, tummelten sich schöne 600er durchaus noch in den Top Ten der meistverkauften Kräder Deutschlands. 2007 folgten der unglaublich schönen Yamaha R6 (RJ11) die tolle Honda CBR 600 RR (PC40) und die bodenständige Alternative Suzuki GSX-R 600 (K7). Dieser Lauf konnte natürlich nicht anhalten.

2008 kamen ein paar gesetzlich vorgeschriebene Änderungen, die nötig waren, aber kein Kunde haben wollte. Fachmagazine berichteten kaum oder kurz, Interessenten warteten ab, die Stimmung war nach dem tollen Jahr davor etwas verkatert. Die ersten Stimmen sagten den Supersportmarkt tot. Sie hatten recht. Sie hatten außerdem mit Schuld an dieser Entwicklung. Die stets von ihrer Bilanz verfolgten Händler stellten sich lieber Motorräder in den Ausstellungsraum, die 2008 besser dastanden. Supersport-Interessenten führte die Händlerschaft an andere Fahrzeugklassen heran, einfach, weil sie die eben hatten.

Weil der Teufel immer auf den dicksten Haufen kackt, gingen dann auch noch die Vorräte der supersportaffinen japanischen Hersteller an Euro-Devisen zur Neige, sodass sich der starke Yen in Preiserhöhungen niederschlug. Der leichte Einbruch bei den Verkäufen beschleunigte sich zum kompletten Absturz, ein perfektes Beispiel für das unvorhersehbare Verhalten eines chaotischen Systems. Als Kawasaki Ende 2009 eine neue 600er-Ninja vorstellte, war ihnen der Markt praktisch über Nacht komplett weggestorben. Die beste kleine Ninja aller Zeiten verkaufte sich in Deutschland in ihrem Premierenjahr 2010 nur rund 450 Mal.

"Er ging völlig unerwartet von uns."

Der Supersportmarkt war tot, ganz plötzlich. Als Ursache machten wir Kompetenzsimulanten den Demographiewandel aus: Motorradfahrer werden immer älter, der Drang zu einer BMW R 1200 GS oder gar einer Harley-Davidson Softail wird mit jedem verblichenen Lebensjahr größer. Dieser Demographiewandel hat sicher seinen Anteil am Geschehenen. Aber er allein kann so einen Absturz kaum schlüssig erklären. Die Population ist nicht über Nacht plötzlich alt geworden, das kommt Alternden nur immer so vor. Außer bei Neukäufern fragte ich mich also bei Gebraucht-Händlern durch. Was ist denn mit gebrauchten Supersportlern? Verstauben die in der Ecke? Nein, die stehen auch nicht länger als andere Motorräder. Die bis heute betörende Yamaha RJ11 fängt gebraucht allerdings bei 4000 Euro an. Für 5000 gibt es schöne. Da kommen wir langsam zum Kern des Pudels.