Produktpiraterie "Made in Germany": Deutsche Unternehmen als Plagiatoren

Auch deutsche Firmen scheuen vor Plagiaten nicht zurück: Für den Ideenklau ist oft nicht ein Produzent im fernen China, sondern der Konkurrent um die Ecke verantwortlich.

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Von
  • Uta Kapp
  • dpa
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Im Kampf gegen Produktpiraten müssen es deutsche Unternehmen zunehmend mit Tätern aus dem eigenen Land aufnehmen. Nach einer in diesem Jahr vorgelegten Auswertung des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) rangieren deutsche Unternehmen als Plagiatoren mittlerweile auf Platz zwei – hinter dem unangefochtenen Spitzenreiter China und noch vor der Türkei und Indien.

Der Plagiarius: Ein bei den Gewinnern sicher nicht sehr beliebter Preis

(Bild: Aktion Plagiarius )

Fast jedes vierte Plagiat (23 Prozent) werde mittlerweile im Auftrag eines deutschen Unternehmens hergestellt, berichtet Steffen Zimmermann, zuständiger Geschäftsführer für den Bereich Produkt- und Know-how-Schutz beim VDMA. Kopiert würden ganze Maschinen, Komponenten oder auch Ersatzteile.

Im Gegensatz zu den oft minderwertigen Nachahmungen aus China handele es sich bei den Plagiaten von deutschen Unternehmen in der Regel um Hightech-Produkte. Meist seien Wettbewerber Initiatoren der Plagiate. Insgesamt schätzt der Verband den durch Plagiate im vergangenen Jahr verursachten Umsatzverlust in der Branche auf rund 7,9 Milliarden Euro.

Der Maschinenbauverband spricht mittlerweile ganz offen von "alarmierenden Zahlen" zur Produktpiraterie aus Deutschland. Die Entwicklung in anderen Branchen ist nur schwer zu beziffern. "Viele Unternehmen haben Angst, dass ihr Ruf darunter leidet", sagt Zimmermann.

Deutliche Worte findet dagegen die Aktion Plagiarius, die sich aus Sponsorengeldern der Industrie finanziert. In der Liste der unfreiwilligen Preisträger für den seit 1977 von dem Verein vergebenen Schmähpreis Plagiarius tauchen hinter der allgegenwärtigen Konkurrenz aus China auch deutsche Unternehmen auf.

So entstand nach Angaben des Vereins nach der Erfindung eines magnetischen Wischmopphalters aus der baden-württembergischen Provinz ein täuschend ähnlich aussehender Putzhelfer bei einem nur etwa 200 Kilometer entfernt sitzenden Konkurrenten aus Franken. Das Ergebnis des Streits in der Wischmoppszene war der dritte Preis im diesjährigen Plagiarius-Wettbewerb und ein Vitrinen-Platz für das Duo im Plagiate-Museum des Vereins in Solingen.

Den Solinger Fälschungsjägern würden zunehmend Probleme mit Nachahmern aus dem eigenen Land gemeldet, berichtet Plagiarius-Sprecherin Christine Lacroix. Dabei würden sogar einzelne Markenhersteller selbst zum Täter. Betroffen seien alle Branchen vom Spielzeughersteller bis zum Werkzeugmacher.

Während früher Fälschungen nach dem schwarz-weiß Prinzip bereits von weitem anhand der mangelhaften Qualität einwandfrei zu identifizieren gewesen seien, reiche die Bandbreite nun von der gefährlichen Billigkopie bis zum hochwertigen Nachbau, betont der Verein. Vielfach verfügten mittlerweile auch die Plagiatoren über jahrelange Erfahrungen.

Während die Initiative Plagiarius beim Schutz vor Fälschungen vor allem auf die Aufklärung von Verbrauchern setzt, versucht sich die Industrie die unerwünschten Nachahmer mit technischen Tricks vom Leibe zu halten. Fälschungsbedrohte Bauteile würden etwa mit Harz vergossen oder mit einem Hologramm oder einem chemischen Marker gekennzeichnet, berichtet Zimmermann. (jk)