Streit um Dashcams: Teilerfolg für Datenschützer

Sie werden am Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe befestigt und sollen bei Unfällen einen Videobeweis festhalten: Doch die Dashcams sind bei Datenschützern unbeliebt. Erstmals beschäftigt das nun auch ein Gericht.

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  • dpa

Im bundesweit ersten Prozess um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Auto-Videokameras zeichnet sich ein Teilerfolg für Datenschützer ab. Das mit dem Fall eines Autofahrers befasste Verwaltungsgericht im fränkischen Ansbach zeigte am Dienstag bei der mündlichen Verhandlung weitgehend Verständnis für die Bedenken der Datenschützer.

Dashcams sind in Russland weit verbreitet und liefern spektakuläre Youtube-Videos des dortigen Straßenlebens.

(Bild: dpa)

Der Kammervorsitzende machte deutlich: Autofahrer, die Videos mit Dashcams speziell dafür drehen, sie später im Internet zu veröffentlichen oder der Polizei zur Verfügung zu stellen, verstoßen gegen das Datenschutzgesetz. "Grundsätzlich sind die Datenschutzinteressen der heimlich Gefilmten höher zu bewerten als das Interesse des Autofahrers an einem Videobeweis für den Fall eines Unfalls", betonte der Richter.

Dem Prozess lag eine Klage eines Autofahrer aus Mittelfranken gegen das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht zugrunde. Die Ansbacher Behörde hatte dem Mann untersagt, eine Dashcam zur Aufzeichnung von Verkehrsverstößen anderer Verkehrsteilnehmer einzusetzen. Die Einschätzung der Behörde wird von nahezu allen deutschen Datenschutzbehörden geteilt.

Die am Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe befestigten Kameras sollen vor allem dazu dienen, sich etwa bei Unfällen gegen andere Verkehrsteilnehmer abzusichern. Die Anwältin des Mannes erklärte vor Gericht, bestätigte, dass ihr Mandant, selbst Anwalt, insgesamt 22 Autofahrer wegen Verkehrsdelikten bei der Polizei angezeigt habe. In fünf Fällen habe er seine Dashcam-Aufnahmen der Polizei zur Verfügung gestellt.

Die 4. Kammer des Gerichts machte auch deutlich, dass bei den Dashcams nun der Gesetzgeber gefordert sei. "Es muss überprüft werden, ob die Datenschutzbestimmungen auf On-Board-Kameras noch passen oder ob das Datenschutzgesetz ergänzt werden muss", gab der Kammervorsitzende Alexander Walk zu bedenken. Seine Entscheidung wollte das Gericht erst am Dienstagnachmittag oder am Mittwoch bekanntgeben.

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Einschränkend machte die Kammer deutlich, dass aus formellen Gründen das von der bayerischen Datenschutzbehörde verhängte Verbot solcher Videoaufnahmen dennoch gekippt werden könnte. Denn im konkret verhandelten Fall sei der Verbotsbescheid möglicherweise nicht ausreichend eindeutig formuliert gewesen. So habe die genaue Marken- und Typen-Bezeichnung der von dem klagenden Autofahrer verwendeten Dashcam gefehlt.

Das Gericht teilte auch nicht die Auffassung des Landesamtes, wonach ein Verbot solcher Kameras datenschutzrechtlich in jedem Fall zwingend notwendig sei. Die gesetzlich eingeräumten Ermessensspielräume müssten etwa dann großzügiger ausgelegt werden, wenn es sich bei solchen Aufnahmen eher um Videos von touristischem Interesse handele - "etwa bei einer Ausflugsfahrt durch die Fränkische Schweiz".

Der persönlich zum Prozess erschienene Präsident des Amtes, Thomas Kranig, machte deutlich, dass es bei der datenschutzrechtlichen Beurteilung von Dashcam-Aufnahmen allein auf den geplanten Verwendungszweck ankomme. "Keine Probleme haben wir damit, wenn solche Aufnahmen später nur im familiären Kreis gezeigt werden", sagte er. Wer solche Videos aber auf YouTube oder Facebook hochlade oder der Polizei zu Verfügung stelle, müsse vorher die Zustimmung der Betroffenen einholen.

Update 15:45 Uhr: In seinem Urteil erklärte das Verwaltungsgericht Ansbach am Nachmittag den Einsatz von Dashcams unter bestimmten Bedingungen für unzulässig. So dürften damit keine Aufnahmen in der Absicht gemacht werden, sie später ins Internet zu stellen, auf Youtube und Facebook hochzuladen oder Dritten – etwa der Polizei – zu übermitteln. Im konkreten Fall hob das Gericht allerdings ein behördliches Verbot wegen eines Formfehlers auf. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Berufung zugelassen. (vbr)