Expertenrat soll Industriespione stoppen

Baden-WĂĽrttemberg hat ein hochrangig besetztes Beratungsgremium gegen Wirtschaftsspionage eingesetzt.

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  • Christian Persson

Baden-Württemberg hat ein hochrangig besetztes Beratungsgremium gegen Wirtschaftsspionage eingesetzt. Der Vizepräsident des Landesamts für Verfassungsschutz, Hans-Jürgen Doll, sagte der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag, dem Gremium gehörten etwa ein Dutzend führende Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft, des Landesamts für Verfassungsschutz, des Innen- und des Wirtschaftsministeriums sowie von Verbänden an. Diese würden künftig regelmäßig zusammenkommen, um Empfehlungen zu erarbeiten, wie sich Unternehmen gegen Spionage schützen können.

In dem Gremium sitzen nach dpa-Informationen unter anderem Vertreter der Industrie- und Handelskammern, des Handwerkstages, des Landesverbandes der Industrie (LVI), der Steinbeiss-Stiftung sowie Sicherheitsexperten der Daimler-Chrysler AG. Die Runde, ĂĽber deren genaue Zusammensetzung Doll nichts sagte, habe sich vor wenigen Wochen erstmals getroffen. Schwerpunkt der Beratungsarbeit sei der Schutz vor Spionage in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik, Luft- und Raumfahrt, Verkehrstechnik, Werkstoffe, Produktionstechnik, Biotechnik und Medizin sowie Energie- und Umwelttechnik.

Die Republikaner (REP) im Landtag hatten der Landesregierung zuvor schwere Versäumnisse bei der Abwehr von Wirtschaftsspionage durch westliche Staaten vorgeworfen. Der REP-Abgeordnete Wolfram Krisch verlangte eine umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit über das Ausmaß der US- amerikanischen Wirtschaftsspionage im Land. Deutsche Geheimdienste bräuchten mehr Befugnisse für den Kampf gegen Wirtschaftsspionage. Bei einem jährlichen Schaden, den Experten auf 20 Milliarden Mark bundesweit beziffern, seien erhebliche Anstrengungen notwendig, um gerade in Baden-Württemberg Hochtechnologiefirmen besser zu schützen. Krisch betonte, die Forderung nach zusätzlichen Kompetenzen für die Nachrichtendienste stehe nicht im Widerspruch zur früheren Forderung seiner Partei, den Verfassungschutz abzuschaffen, der auch die Republikaner überwacht.

Doll wies die Kritik der Republikaner, der Verfassungschutz unternehme nichts und informiere unzureichend, zurück. Er erklärte, er könne keine konkreten Beispiele von Wirtschaftsspionage durch befreundete Staaten nennen. "Wir drücken kein Auge zu", versicherte Doll. Er wies jedoch darauf hin, dass High-Tech-Spionage schwer nachzuweisen sei. Nach jüngsten Medienberichten hören westliche Geheimdienste verstärkt Satellitenverbindungen, Fax- Mitteilungen und andere elektronische Datenübertragungen wie E-Mail ab und nutzen dies auch zur Wirtschaftsspionage.

In der Antwort des Innenministeriums auf die Parlamentsanfrage der REP heißt es, im Südwesten seien seit 1990 nachrichtendienstliche Ausspähungsaktivitäten unter anderem von Russland, der Ukraine, Kasachstan, Bulgarien, der Volksrepublik China, Nordkorea, Iran, Irak, Libyen und Syrien festgestellt worden. (cp)