Aus für Signtrust führt zur Neuordnung bei Trustcentern

Deutsche Post und DMDA stellen Signtrust ein und stellen ab sofort keine Zertifikate mehr aus. Die Großkunden ziehen weiter zu anderen Trustcentern, die einer ungewissen Zukunft entgegenblicken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 89 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Kaum wurde mit der Digitalen Agenda Deutschland zum "Verschlüsselungsstandort Nr. 1" erklärt, kann der erste Ausfall gemeldet werden: Nach dem Ausstieg von TC Trustcenter im vergangenen Jahr stellen nun auch die Deutsche Post und die DMDA GmbH ihr eID-Angebot Signtrust ein. Ab sofort werden keine neuen Zertifikate mehr ausgestellt. Freuen dürfen sich D-Trust, die Trustcenter-Tochter der Bundesdruckerei, und die T-Systems-Tochter Telesec, die die Großkunden der Post übernehmen.

Schon 2002 hatte die Deutsche Post versucht, ihr Trustcenter-Geschäft zu verkaufen, fand aber keinen Interessenten, der Signtrust übernehmen wollte. Also ließ man den Dienst weiterlaufen und konnte mit einigen Großkunden wachsen, als etwa die Steuerberatergenossenschaft Datev 2008 ihr Trustcenter aufgab und bei Signtrust wie die Bundesnotarkammer "Untermieter" wurde. Diese Organisationen, in denen zertifikatsgestützte Dienste wie qualifizierte Signaturen und Zeitstempel eine wichtige Rolle spielen, müssen sich nun nach anderen Partnern umsehen.

Dem Vernehmen nach wechseln die Steuerberater der Datev zu D-Trust, die Notare zu Telesec. Kleinere Anbieter wie S-Trust der Sparkassen oder das Trustcenter des Deutschen Gesundheitsnetzes der Ärzte und Apotheker gehen wohl leer aus. Allerdings wartet hier mit dem Projekt elektronischer Arztbrief der Gematik ein fetter Fisch, da alle Ärzte mit qualifizierten elektronischen Signaturen versorgt werden müssen.

Insgesamt gehen alle Trustcenter-Angebote einer ungewissen Zukunft entgegen, weil die kommende europäische Richtlinie eIDAS die deutsche Besonderheit der qualifizierten elektronischen Signatur nicht berücksichtigt. Die europäische Richtlinie wurde vom EU-Rat abgesegnet und könnte ab 2016 ausländischen Anbietern den deutschen Markt öffnen.

Im Sinne der "Digitalen Agenda" der Bundesregierung ist es freilich nicht, wenn das Angebot an Verschlüsselungslösungen weiterhin schrumpft. In ihrer Kritik der Digitalen Agenda der Bundesregierung hatte zuletzt die Piratenpartei ein staatlich finanziertes Trustcenter gefordert, "das das jedem Menschen unabhängig vom Einkommen die Möglichkeit gibt, Dokumente und E-Mails für eine abhörsichere Korrespondenz zu verschlüsseln und rechtskräftig digital zu signieren".

[Update, 01.09.2014 10:57]:

Die Bundesnotarkammer bietet als eigenständiger akkreditierter Zertifzierungsdiensteanbieter Signaturkarten für Notare und für andere Berufsgruppen an. Sie hat den den technischen Betrieb der Signaturkarten in eigener Verantwortung im März von der Deutschen Post und DMDA GmbH übernommen. (vbr)