Uber & Co.: Unzufriedene App-Chauffeure kooperieren mit Gewerkschaft

Verbände von Fahrern für Uber, Lyft & Co arbeiten in den USA mit der Transportarbeiter-Gewerkschaft zusammen. Die Fahrer wollen u.a. Trinkgeld und eine bessere Versicherung. Die Gewerkschaft kämpft eigentlich gegen die neuen Taxi-Konkurrenten.

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Inhaltsverzeichnis

Ein kalifornischer Verband von Fahrern von Transportdiensten wie Uber und Lyft hat bekanntgegeben, künftig mit einer lokalen Abteilung der Transportarbeiter-Gewerkschaft Teamsters Union zusammenzuarbeiten. Die Fahrer sind keine Angestellten der App-basierten Vermittlungsdienste, sondern selbständig tätig, oder sie fahren im Auftrag anderer Selbständiger. Durch die Kooperation erhoffen sie sich "organisatorische Unterstützung und Lobbying" seitens der Gewerkschaft.

Einige der Fahrer für Uber und Lyft, die ihre Bedingungen verbessern wollen, haben sich zusammengeschlossen, zum Beispiel im Drivers Network, in der App-Based Drivers' Association (ABDA) oder in der California App-Based Drivers' Association (CADA). Die ABDA aus Seattle kooperiert seit Ende Mai mit der lokalen Teamsters-Abteilung 117. Das dürfte ein Probelauf für die gemeinsame Sache im wesentlich bedeutenderen Kalifornien gewesen sein. Dort arbeitet die CADA nun mit der Teamsters-Abteilung 986 aus Los Angeles zusammen.

Uber erkennt die Fahrerverbände nicht an, ja hält sie sogar für unnötig: Jeder Vertragspartner könne seine Beschwerde direkt bei Uber vorbringen. Wieviele Mitglieder die CADA hat verrät sie nicht. Erfolge sind bisher auch nicht bekannt. Gleichzeitig ist merkwürdig, dass die Gewerkschaft überhaupt die App-Lenker unterstützt. Bisher kämpfte sie auf Seiten der Taxilenker gegen die App-basierte Konkurrenz.

Ein Lincoln Town Car aus der Baureihe 2003-2007. Ein 2011er-Modell verbraucht im US-Stadtverkehr rund 15 Liter auf 100 km. In Los Angeles ist ein Liter Benzin ab umgerechnet 70 Eurocent zu haben.

(Bild: gemeinfrei)

CADA-Pressesprecher Joseph DeWolf Sandoval hat LA Weekly seine Sorge über unvorhergesehene Fahrzeugvorschriften vorgetragen. Für den gehobenen Dienst Uber Black dürften neuerdings nur noch Lincoln Town Cars ab Baujahr 2012 eingesetzt werden. Ältere Modelle werden zwar für UberX akzeptiert, doch ist das unwirtschaftlich. UberX hat niedrigere Preise, mit denen sich der hohe Treibstoffverbrauch der Lincoln Town Cars nicht finanzieren lässt. Sandoval ist Eigentümer mehrerer Fahrzeuge, für die er Fahrer anheuert, die dann auf Uber-Aufträge hoffen. Selbst fährt er nur fallweise.

Außerdem ärgert sich CADA in einer Aussendung über das Bewertungssystem Ubers. Geschildert wird der Fall einer Fahrerin, die sich aus Angst vor einer schlechten Bewertung nicht gegen einen sexuell belästigenden Fahrgast gewehrt habe. Anher habe sie sich bei Uber beschwert, aber keine "aussagekräftige Antwort" erfahren.

Während Uber Gesamtpreise nennt, die Trinkgeld ausdrücklich beinhalten, fordert die CADA die Einführung zusätzlichen Trinkgelds. Bemüht wird dafür das Extrembeispiel einer Fahrt mit UberX zum Preis von vier US-Dollar. Davon gingen 1,60 Dollar an Uber, 80 Cent koste das Benzin, 45 Cent die im Preis enthaltene Flasche Trinkwasser und weitere 40 Cent die Versicherung. Am Ende blieben von den vier Dollar nur 75 Cent übrig, so die Wehklage. Die Uber-App bietet derzeit keine Möglichkeit, Trinkgeld zu geben.

Die Lenker wünschen sich außerdem besseren Versicherungsschutz durch die App-Betreiber. Das ist ein besonders heißes Eisen. Von der Annahme einer Fuhre bis zu deren Ende bieten die App-Betreiber Haftpflichtschutz von einer Million US-Dollar an. Das hat ihnen die California Public Utilities Commission (CPUC) aufgetragen. Ein kalifornischer Gesetzesentwurf sah eine zusätzliche Versicherungspflicht von 750.000 US-Dollar vor, sobald die Fahrer ihre App aktivieren bis sie einen Auftrag annehmen.

Dieser Zeitraum ist womöglich besonders risikoträchtig. Steigt die Nachfrage in einem Gebiet deutlich, hebt Uber die lokalen Preise radikal an. Das lockt Fahrer an, was wiederum die Chance erhöht, dass die vielen Kunden schnell Wagen bekommen. Nebenwirkung: Die Chauffeure beobachten auch unterwegs laufend ihre App(s), um ja nicht den nächsten Auftrag oder den nächsten lokalen Preisschub zu verpassen. Das dürfte der Verkehrssicherheit kaum förderlich sein.

Doch Uber und Lyft, die sich sonst spinnefeind sind, wehrten sich mit vereinten Kräften gegen die neue Versicherungspflicht. Daraufhin wurde die erforderliche Summe deutlich reduziert: Für Personenschäden 50.000 Dollar pro Person und 100.000 Dollar pro Vorfall, und für Sachschäden 30.000 Dollar. Dazu kommt noch eine Deckungserhöhung zur Haftpflichtversicherung des Fahrers von 200.000 Dollar. Erst wenn der Lenker einen Auftrag akzeptiert hat, gilt der Versicherungsschutz von einer Million Dollar.

Aus mitteleuropäischer Sicht sind das allesamt lächerlich geringe Versicherungssummen. In Deutschland beträgt das gesetzliche Haftpflicht-Minimum für einen privat genutzten PKW 7,5 Millionen Euro (umgerechnet knapp 10 Millionen Dollar) für Personenschäden und eine Million Euro für Sachschäden. Deutlich höhere Versicherungssummen sind weit verbreitet, etwa 50 oder 100 Millionen Euro.

Nicht so in Kalifornien. Dort darf sich die Haftpflichtversicherung für einen privaten PKW auf 15.000 und 30.000 Dollar für Personenschäden sowie 5.000 Dollar für Sachschäden beschränken. Autovermieter dürfen ihre Wägen überhaupt ohne Versicherung anbieten. (ds)