Hannover Messe: Weniger Besucher, mehr Geschäfte
Bessere Geschäfte bei weniger Ausstellern und Besuchern – so lautet das Fazit nach sechs Tagen Hannover Messe 2000.
Bessere Geschäfte bei weniger Ausstellern und Besuchern – so lautet das Fazit nach sechs Tagen Hannover Messe 2000. Die Deutsche Messe AG und die meisten der 7250 Aussteller zogen am Samstag eine blendende Messe-Bilanz.
Verbände wie Unternehmen sehen die guten Konjunkturprognosen vom Messeauftakt bestätigt und erwarten einen kräftigen Aufwind in allen Investitionsgüterindustrien, angefangen beim Maschinen- und Anlagenbau, der Fördertechnik, den neuen Energietechniken und folglich bis hin zu den Zulieferern. Doch die öffentliche Resonanz, die diese Branchen angesichts des allseits beklagten Nachwuchsmangels dringend bräuchte, fiel schwach aus.
Nach Angaben der Deutschen Messe AG kamen rund 270.000 Besucher, 12.000 weniger als 1999 und über 50.000 weniger als 1998. Als Hauptgrund gilt dieses Jahr die Ausgliederung der Weltlichtschau, die in Frankfurt/Main vor gut einer Woche als neue "Light and Building" auf Anhieb 100.000 Besucher anlockte. Die Hannover-Aussteller setzen bewusst nur noch auf Fachbesucher. Dieses Potenzial sei offenbar ausgeschöpft, meinte Messe-Chef Klaus E. Goehrmann. Gleichwohl soll der Besucherrückgang gestoppt werden. Die Konzentration auf ausgewählte Top-Industriebranchen habe sich aber bewährt. Die Aussteller aus 65 Ländern hätten auch gezeigt, dass sie keineswegs als "Old Economy" abgeschrieben werden könnten.
Das Zusammenwachsen der traditionellen Industrien mit den neuen Informations- und Kommunikationstechniken drückte der Hannover Messe zwar den Stempel auf. Als "CeBIT Industrie" aber will sich die Messe nicht verstanden wissen. Sie pocht auf Eigenständigkeit. Indessen wich die Aufbruchstimmung und High-Tech-Euphorie der Computerschau CeBIT vier Wochen zuvor vielfach einem geschäftsmäßigen Business as usual. So sah sich Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem Spontanbesuch veranlasst, um zu warnen, die Öffentlichkeit möge sich doch nicht nur an der Handy- und Laptop-Generation erfreuen, sondern auch die traditionellen Industrien nicht ganz aus dem Blick verlieren.
Dabei gab es in Hannover Spitzentechnologien zu Hauf zu sehen. Gerade die deutsche Investitionsgüterindustrie läuft auf dem Weltmarkt niemandem hinterher. Die Hannover Messe könnte somit das Forum gegen eine zu geringe Technikbegeisterung vieler Jugendlicher sein. Zwar ärgerten sich Maschinenbauer oder Fördertechniker über das Wort von der vermeintlich "alten Industrie". Die "New Economy" der quirligen Software-Hersteller und Internet-Start-Ups habe ohne die Anwender in der Industrie keine Zukunft. "Ohne Produktionstechnologien gibt es auch keine Handys und keine PC zu marktfähigen Preisen", sagte Dietmar Harting vom Ausstellerbeirat in der Abschluss-Pressekonferenz.
Gleichzeitig aber blieben die meisten Aussteller in Hannover vorzugsweise in ihrer Fachwelt. "Viele Hersteller von Robotern oder Förderanlagen haben nur wenig Interesse an großer Öffentlichkeit", heißt es auch bei Verbänden. Vorrang haben die aktuellen Geschäfte und der Kontakt zu Kunden und denen, die es werden könnten. Einige Teilbranchen liebäugeln bei zu starker Rückkehr zu Glamour und Show gar damit, die Hannover Messe zu verlassen und sich separat zu präsentieren.
Damit steht die einst in der Öffentlichkeit wichtigste Industriemesse am Scheideweg: zwischen einem weltweit beachteten Markt- und Schauplatz für Industrietechnologien oder der konzentrierten Versammlung hocheffektiver, aber geschlossener Fachschauen. Messe-Chef Goehrmann kündigte für das kommende Jahr eine Öffentlichkeitsoffensive an. Das Motto für die Hannover Messe 2001 vom 23. bis 28. April klingt zumindest kraftvoll: "The Power of Industry". (Andreas Möser, dpa) (cp)