TU Berlin eröffnet Forschungszentrum für Nanosatelliten

Weltkarten, Satelliten-Flugbahnen, Zahlenkolonnen: Das neue Berliner Missionskontrollzentrum für Minisatelliten hat mit seinen vielen Bildschirmen ein bisschen was von der NASA-Zentrale in Houston – nur eben in klein.

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Von
  • Andrea Barthélémy
  • dpa

Klaus Brieß im Kontrollzentrum

(Bild: TU Berlin/PR/Ulrich Dahl)

Seit vielen Jahren widmet sich die TU Berlin den sogenannten Nano- und Picosatelliten und hat, weil gleich sieben neue Entwicklungsaufträge eintrudelten, nun für 100.000 Euro ein eigenes Forschungszentrum eröffnet. "Das einzige dieser Art weltweit", betonte Klaus Brieß, Fachgebietsleiter für Raumfahrttechnik, am Mittwoch bei der Präsentation. Christian Nitzschke vom DLR-Raumfahrtmanagement bestätigt: "Berlin ist von der Anzahl und der Qualität seiner Forschungen europaweit führend."

Zehn kleine TU-Satelliten – darunter auch drei sogenannte BEESAT-Mini-Würfel (Berliner Experimental- und Ausbildungssatelliten) – kreisen bereits auf der Umlaufbahn. Und der vierte BEESAT soll bald noch mehr können: "Wir arbeiten daran, immer mehr funktionelle Komponenten, etwa Rollen zur Lagestabilisierung, Antenne oder Solar-Arrays, flach in die Außenwände des Würfels zu integrieren", erläutert Brieß. Dann böte der Pico-Satellit nämlich im Würfelinnern noch mehr Platz für seine eigentlichen Aufgaben: Daten sammeln zu Wetter, zur Überwachung von Waldbränden oder Verkehrsüberwachung.

Missionskontrollzentrum für Nanosatelliten (7 Bilder)

Der Leiter des Forschungszentrum für Nanosatelliten der TU Berlin, Klaus Brieß
(Bild: TU Berlin/PR/Ulrich Dahl)

Dies wird zwar nicht ein Minisatellit allein leisten können, aber möglicherweise ein Schwarm von ihnen. "Wenn man Minisatelliten vernetzt, kann man damit eine ganze Menge machen", sagt Nitzschke. Auch daran arbeiten die Berliner Forscher. Unter anderem sind vier S-NET-Satelliten geplant, die – ab 2016 – in Formation fliegen und untereinander kommunizieren können. Ein weiterer Forschungsansatz: wiederverwertbare Satelliten mit auswechselbaren Modulen. Geht ein solches Modul kaputt, könnte es per Robotertechnik in der Umlaufbahn ersetzt werden. "Auch eine Maßnahme gegen Weltraumschrott", stellt Brieß fest.

Doch das ist noch Zukunftsmusik. Bereits heute können die Forscher und rund 150 Studenten pro Semesterjedoch bereits im neuen Missionskontrollzentrum – oder auch am heimischen Computer – die Daten abgreifen, wenn ein Minisatellit Berlin überfliegt. "Dafür bleiben dann nicht mehr als sechs bis acht Minuten Zeit", sagt Brieß. Auch das Steuern von Satelliten wird geübt und gelernt. Die Signale dazu werden von zwei großen Antennensystemen auf dem Dach der TU aufgefangen.

Nebenan präsentiert in einem abgetrennten, besonders sauberen Labor Doktorand Merlin Barschke, ein erstes Modell des Satelliten TechnoSat. Der soll zur Weltraumerprobung neuer Komponenten 2015 vom schwedischen Kiruna aus ins All starten. "Wir bauen den Prototyp in mehreren Schritten und überprüfen immer wieder, ob die Konstruktion funktioniert." Unter anderem passiert dies in einem übermannshohen Holzgestell, das via Kupferdrahtspulen ein Magnetfeld erzeugt. "Hier wird der Satellit beweglich hineingehangen und wir testen, ob das System zur Lagestabilisierung funktioniert", erläutert Barschke.

Die Herausforderung ist, alle Komponenten immer weiter zu verkleinern. "Große Satelliten können viel mehr Fracht aufnehmen – aber sie sind auch viel teurer herzustellen und in den Weltraum zu bringen", betont Brieß. Der Professor sieht die Nische für Kleinstsatelliten deshalb in Spezialaufgaben. "Denkbar ist beispielsweise, dass Containerschiffe mit Sendern ausgerüstet werden und Nanosatelliten überwachen, wo unerlaubterweise Ladung oder Abfall ins Meer gelöscht wird." (mho)