Microsofts Millionenklage auf tönernen Füßen

Microsoft droht bei dem morgen beginnenden Prozess gegen drei Produktpiraten eine juristische Schlappe.

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Von
  • Tim Gerber

Dem US-Softwaregiganten Microsoft droht bei dem morgen beginnenden Prozess vor dem Leipziger Landgericht eine juristische Schlappe. Der Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 10,53 Millionen DM, den Microsoft gegen drei sächsische Produktpiraten vor Gericht durchsetzen will, ist nach Ansicht eines Anwalts der Beklagten schlicht verjährt. Obwohl der Fall seit 1994 bekannt ist, habe das Unternehmen erst vier Jahre später begonnen, seine Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt in dem Moment, in dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der Identität des Verursachers hat. Zur Bestimmung dieses Zeitpunktes zieht man in der Regel das Datum des Strafurteils heran, das wäre hier der 15.11.1995. Jedoch habe sich ein Microsoft-Mitarbeiter bereits 1994 in einem Interview zu dem Fall geäußert, so der Dresdner Rechtsanwalt Youssef Moussa zu c't, wodurch er beweisen zu können glaubt, dass Microsoft diese Kenntnis schon 1994 gehabt haben muss.

Sollte die 5. Zivilkammer des Landgerichts der Ansicht des Anwalts folgen, könnte der Prozess bereits nach zehn Minuten Verhandlungsdauer beendet sein. Andernfalls darf mit Spannung erwartet werden, wie Microsofts Anwälte die höchste Schadenssumme, die das Unternehmen je vor einem deutschen Gericht gefordert hat, glaubhaft machen wollen. Man verfüge über entsprechende Zeugen und Ersatzverträge, kündigte der Bautzener Anwalt Gerhard Thiery gegenüber c't an.

Außerdem bleibt fraglich, ob sich das von Microsoft offiziell erstrebte Ziel der Wiedergutmachung des Schadens auf diesem Wege wird erreichen lassen. Die drei Raubkopierer haben Prozesskostenhilfe beantragt, ihr Vermögen wird die geforderte Summe somit kaum hergeben. Im Falle ihrer Verurteilung entstünde zunächst erst mal ein neuer Schaden -- diesmal nicht für das raubkopiegeschädigte Unternehmen, sondern für die Allgemeinheit in Form der sächsischen Staatskasse, die zunächst die immensen Prozesskosten zu tragen hätte.

Der Branchenriese musste auf Antrag der Gegenanwälte für den Fall seines Unterliegens eine Sicherheit von 600.000 DM für die entstehenden Prozesskosten beim Gericht hinterlegen, denn ausländischen Klägern unterstellt die deutsche Zivilprozessordnung von 1877 per se mangelnde Zahlungsfähigkeit. (Tim Gerber) (cp)