Oettinger wird EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft

Der neue Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, hat sein Kabinett jetzt offiziell vorgestellt. Günther Oettinger (CDU) soll die digitale Wirtschaft und Gesellschaft betreuen und die Copyright-Reform vorantreiben.

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Die Gerüchteküche brodelte vergangene Woche schon heftig, jetzt steht das Team des neuen Chefs der EU-Kommission Jean-Claude Juncker offiziell fest. Wie die Kommission mitteilte, wird ihr deutscher Vertreter Günther Oettinger Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Der CDU-Politiker hatte bislang das Energieressort inne und wird sich künftig um Themen wie die Telekommunikationsregulierung, Startups oder Online-Dienste kümmern.

Das Organigramm der neuen EU-Kommission

(Bild: EU-Kommission)

Erweitert wird Oettingers Bereich mit der Zuständigkeit für das Copyright von der Binnenmarktkommission. Er wird sich also etwa mit der heftig umkämpften weiteren Urheberrechtsreform beschäftigen müssen. Ferner soll Oettinger über das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (Gerek) wachen.

Über Oettinger steht als Vizepräsident der estnische Liberale Andrus Ansip, der alle gesetzgeberischen Vorhaben rund um den gesamten digitalen Binnenmarkt koordinieren soll. Eine Abteilung rein für die digitale Agenda, der momentan die Neelie Kroes vorsteht, gibt es nicht mehr. Übrig gelassen hat die Niederländerin unter anderem ihre Initiative für einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt mit neuen Ansätzen zur Regulierung von Telekommunikationsfirmen, bei der das Parlament die Vorgaben etwa zur Netzneutralität deutlich gegenüber dem Entwurf der Niederländerin gestärkt hat. Aktuell stehen noch die Verhandlungen mit dem EU-Rat aus, in denen Oettinger dann ein Wort mitreden müsste.

Günther Oettinger

(Bild: EU-Kommission)

Der Digitalbereich gilt insgesamt als "Superkommissariat", von dem Oettinger aber nur einen kleinen Teilbereich bearbeiten soll. Die Fäden wird Ansip ziehen. Juncker hatte zudem kurz nach der Wahl bereits angekündigt, selbst das Heft rund um die Netzpolitik mit in der Hand halten zu wollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich dafür eingesetzt, dass Deutschland den Posten des Handelskommissars besetzt. Oettinger war zeitweise auch für diese Stelle im Gespräch, doch Juncker schmiss seine ersten Pläne im Rahmen der Unterredungen mit einzelnen Kandidaten in der vergangenen Woche noch einmal um.

Andrus Ansip

(Bild: EU-Kommission)

Tabea Rößner, Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion für neue Medien, twitterte, sie fände "es prinzipiell gut, dass die neue EU-Kommission das Digitale in den Fokus nehmen will. Aber dann mit diesem Personal? Hmm". Die EU-Parlamentsabgeordnete von den Piraten sieht mit Oettinger und Ansip "netzpolitische Fehlbesetzungen".

Handelskommissarin wird nun die frühere Chefin des Innenressorts, die schwedische Liberale Cecilia Malmström. Ihre erste große Aufgabe wird es sein, die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA zu leiten.

Die Innenpolitik wird mit dem Sektor Migration zusammengeführt und vom bisherigen griechischen Verteidigungsminister Dimitris Avramopoulos geleitet. Justizkommissarin wird die Tschechin Věra Jourová. Die Sozialdemokratin wird unter anderem die EU-Datenschutzreform weiter durch die Gremien führen müssen. Der frühere französische Finanzminister Pierre Moscovici übernimmt die Sektoren Wirtschaft, Währung und Steuern. Die Wettbewerbskommission geht an die Dänin Margrethe Vestager.

Insgesamt gibt es sieben Vizepräsidenten, wobei der bisherige niederländische Außenminister Frans Timmermans die Zügel in der Hand halten und in einem ganz neuen Posten für eine bessere Regulierung auf EU-Ebene zuständig sein soll. (anw)