Nieren aus dem 3D-Drucker

Eine Forschergruppe an der Harvard University will in einigen Jahren komplette Organe künstlich produzieren. Erste Erfolge gibt es bereits.

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Von
  • Kevin Bullis

Eine Forschergruppe an der Harvard University will in einigen Jahren komplette Organe künstlich produzieren. Erste Erfolge gibt es bereits.

Vor einigen Monaten gelang es einem amerikanischen Wissenschaftlerteam erstmals, eines der größten Probleme bei der Produktion künstlicher menschlicher Organe zu lösen. Die Gruppe um Jennifer Lewis, Professorin im Fach "Biologically Inspired Engineering" an der Harvard University, gelang es, menschliches Gewebe in einem 3D-Drucker herzustellen, das rudimentäre Blutgefäße enthielt. Aus diesen Anfangserfolgen soll nun ein wesentlich komplexeres Projekt entstehen: die Herstellung voll funktionsfähiger Nieren.

Wie Lewis auf der EmTech-Konferenz von Technology Review im amerikanischen Cambridge sagte, sei das ultimative Ziel der Produktion vollständiger Organe, die dann im menschlichen Körper als Ersatzteile arbeiten könnten, ein ähnlich komplexes Vorhaben "wie die Mondlandung". Doch es gibt Anzeichen dafür, dass es umsetzbar ist.

So hat Lewis' Gruppe wichtige Fortschritte bei der Herstellung einfacher Versionen von Nierenstrukturen gemacht, den sogenannten Nephronen. Sie schon sollen bald praktisch genutzt werden: Pharmafirmen können sie verwenden, um schnell das Potenzial von Medikamenten zu überprüfen. Zudem dürften sie Forschern helfen, besser zu verstehen, welche molekularen Prozesse in der Niere ablaufen.

Um Gewebe mit Blutgefäßen zu erzeugen, erfand Lewis' Gruppe eine neue 3D-Druckvariante mit speziellen Tinten und Düsen, die präzise verschiedene Materialien ausgeben können. Beispielsweise lassen sich verschiedene Zelltypen ebenso herstellen wie Verbindungsgewebe zwischen diesen. Eine dieser neuen Tinten erlaubte es der Gruppe, Tunnel innerhalb des Gewebes zu bilden, die die Forscher dann mit Blutgefäßzellen besetzten. Lewis zufolge lassen sich mit dem gleichen Ansatz auch Röhrchen innerhalb der künstlichen Niere bilden, die das Blut filtern.

Derzeit konzentriert sich das Forscherteam auf Nieren, weil diese derzeit für 80 Prozent der benötigten Transplantationsorgane stehen. Zudem sterben hier noch viel zu viele Patienten, bevor sie ein Ersatzorgan erhalten können.

Anderen Wissenschaftlern ist es bereits vor einigen Jahren gelungen, dünne Zellblätter zu drucken, die dann zu lebensfähigem Gewebe heranwachsen konnten. Hier gibt es aber Einschränkungen, weil alles, was dicker als einen halben Millimeter ist, wieder abstirbt. In diesen Fällen gelangen keine Nährstoffe mehr ins Innere der Zellen und Stoffwechselprodukte können nicht abtransportiert werden. Um gedruckte Zelle dicker zu machen, die dann eines Tages ganze Organe bilden könnten, muss zunächst ein Netzwerk an Blutgefäßen her.

Es bleibt noch viel Arbeit für Lewis und Team – darunter die Integration verschiedener Zelltypen, um funktionale Nephronen zu erstellen. Komplette Organe bedingen zudem komplexere Formen und Strukturen als das, was bislang gezeigt wurde. Für eine Niere benötigt man beispielsweise Blutgefäße, die in kleinere verzweigen – inklusive Kapillaren, die zu klein für heutige 3D-Druckverfahren sind. (bsc)