Das Amtsgeheimnis hat ausgedient – Hamburg öffnet die Aktenschränke

Was verdienen die Chefs öffentlicher Unternehmen, was beinhalten die Verträge staatlicher Stellen mit Privatfirmen, was steht in Gutachten? Hamburg beantwortet als erstes Bundesland all diese Fragen mit Originaldokumenten in einem Transparenzportal.

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Von
  • dpa

Hamburg öffnet als erstes Bundesland in Deutschland seine Aktenschränke. Seit Mittwoch kann jedermann unter transparenz.hamburg.de/ im Internet nachlesen, was etwa die Chefs öffentlicher Unternehmen verdienen oder was die Verträge der Stadt mit Unternehmen beinhalten. Auch staatliche Gutachten, Geo- und Umweltmessdaten sowie Baugenehmigungen sind dort zu finden. Das Internetportal ist Ergebnis des bundesweit weitreichendsten Transparenzgesetzes, das die Verwaltung vom 6. Oktober an verpflichtet, die Bürger von sich aus unaufgefordert zu informieren. Das Gesetz beruht auf der Volksinitiative "Transparenz schafft Vertrauen" vom Verein Mehr Demokratie, Transparency International und dem Chaos Computer Club.

Ein Blick hinter die Mauern

(Bild: Martin Holland)

"Das Amtsgeheimnis hat gewissermaßen ausgedient", sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit. Sie räumte ein, dass die Bürgerschaft zunächst zwar nicht ganz freiwillig – erst musste die Initiative 15.000 Unterschriften vorlegen – dann dafür aber einstimmig für das Gesetz und damit für das Portal gestimmt habe. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) betonte: "Dieses Transparenzregister ist ein ganz wichtiger Beitrag zur Legitimation politisch demokratischer Entscheidungen." Das Portal war bereits Anfang September als Testversion online gegangen und erfreute sich großer Beliebtheit, wie Projektleiter André Basten sagte. Es seien rund eine Million Seitenaufrufe registriert worden. Am meisten interessiert hätten dabei das Baumkataster und die Verträge zur Elbphilharmonie.

Für Scholz ist das Portal die "Dividende des digitalen technischen Fortschritts". Denn ohne ihn wäre es gar nicht möglich, die riesigen Datenmengen zu bewältigen und zu veröffentlichen. Scholz sagte, er setze nun auch auf findige Entwickler, die aus den Informationen einen Mehrwert für die Gesellschaft schafften. "Das ist natürlich die Hoffnung, dass, wenn nun alle Informationen zugänglich sind, vielleicht jemand etwas entwickelt, das wir bisher vielleicht noch nicht vermisst haben, aber demnächst dringend brauchen als Information über unser Alltagsleben."

Das Portal sei ein wesentlicher Beitrag zur Überwindung des Misstrauens gegenüber der Verwaltung und der Politik, sagte Initiativensprecherin Helena Peltonen. Hamburg habe die Latte hoch angesetzt. Daran müssten sich die anderen Länder messen lassen. "Man muss gute Antworten haben auf die Frage: "Warum könnt ihr das nicht?", sagte die Leiterin von Transparency International Hamburg/Schleswig-Holstein. Das betreffe auch Gemeinden und den Bund.

Dass die "mittelbare Staatsverwaltung", wie die Universitäten, der Norddeutsche Rundfunk oder aber die Handels- und Handwerkskammern, bislang nicht von dem Portal erfasst sind, ist nach Ansicht der Initiative nur eine Frage der Zeit. "Es wird sich sicher als eine irrige Vorstellung herausstellen, dass man die mittelbare Staatsverwaltung nicht drin hat", sagte Peltonen. Auch Bürgermeister Scholz gab sich optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass unser Register so attraktiv ist, dass viele irgendwann den Wunsch beseelen wird, dass sie darin auch vorkommen wollen." (mho)