Turbo-Photosynthese gegen Hungersnöte

Ein schnelleres Enzym für die Umwandlung von Kohlendioxid in Zucker ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu höheren Ernteerträgen.

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Von
  • Kevin Bullis

Ein schnelleres Enzym für die Umwandlung von Kohlendioxid in Zucker ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu höheren Ernteerträgen.

Ein Forscherteam hat ein wichtiges Problem bei der Beschleunigung der Photosynthese in landwirtschaftlich angebauten Pflanzen wie Weizen und Reis gelöst. Bei vielen Arten könnte der Ertrag dadurch um 36 bis 60 Prozent steigen. Aufgrund ihrer höheren Effizienz könnte die neue Photosynthese-Methode zudem den Bedarf an Düngung und Wasser verringern.

Dazu haben die Wissenschaftler von der Cornell University und Rothamsted Research in Großbritannien Gene von Cyanobakterien in Tabakpflanzen verpflanzt, die zu Forschungszwecken häufig manipuliert werden. Durch diese Gene produziert die Pflanze ein effizienteres Enzym für die Umwandlung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre in Zucker und andere Kohlenhydrate. Die Ergebnisse werden in der Fachzeitschrift Nature beschrieben.

Dass manche Pflanzen bei der Umwandlung von Kohlendioxid in Zucker effizienter sind als andere, ist seit langem bekannt. Zu diesen schnell wachsenden Pflanzen, auch bezeichnet als C4-Pflanzen, zählen unter anderem Mais und viele Gräser. 75 Prozent aller Pflanzen weltweit aber gehören zur Kategorie C3 mit ihrer langsameren und wenigen effizienten Photosynthese-Art. Seit langem versuchen Forscher deshalb, C3-Pflanzen wie Weizen, Reis oder Kartoffeln zu C4-Pflanzen umzubauen. Neue, hochpräzise Technologien für das gezielte Editieren von Genomen, wie sie im C4-Reisprojekt eingesetzt werden, haben diesen Bemühungen neuen Schwung verliehen.

Die Forscher von Cornell University und Rothamsted wählten jedoch einen einfacheren Ansatz. Statt die Anatomie von C3-Pflanzen umzugestalten und ihnen neue Zellen und Strukturen hinzuzufügen, manipulierten sie Komponenten von bestehenden Zellen. "Wenn man einen einfacheren Mechanismus findet, der keine Änderungen der Anatomie erfordert, ist das ganz schön verdammt gut", sagt Daniel Voytas, Leiter des Center for Genome Editing an der University of Minnesota.

Statt also C4-Pflanzen nachzubauen, nahmen die Forscher Anleihen beim dreiteiligen Photosynthese-Mechanismus von Cyanobakterien. Erstens schaffen Proteine einen speziellen Bereich in einer Pflanzenzelle, in dem Kohlendioxid konzentriert wird. Zweitens enthält dieser Bereich ein schnelles Enzym für die Konvertierung des Gases. Und drittens nutzen die Zellen spezielle Pumpen in ihren Membranen, um Kohlendioxid in ihr Inneres zu befördern.

Anfang dieses Jahres war es den Forschern bereits gelungen, Zellen so zu manipulieren, dass sie die Bereiche zur Konzentration von Kohlendioxid bilden. Ihr neuer Erfolg betrifft den zweiten Teil, also das effiziente Enzym zur Umwandlung. Zusammen mit anderen Forschern arbeiten sie jetzt an der dritten Komponente, also den Pumpen. Denn letztlich wird alles drei in denselben Pflanzen zusammengebracht werden müssen.

Laut Maureen Hansen, Professorin für Molekularbiologie und Genetik an der Cornell University, wird es noch mindestens fünf bis zehn Jahre dauern, bis die Technologie Einzug in kommerziell angebaute Lebensmittelpflanzen erhalten kann.

Denn dazu wird es nicht ausreichen, nur ein oder zwei Gene zu transplantieren. Eher werden es 10 bis 15 Gene sein müssen, und man muss dafür sorgen, dass sie stabil sind, erklärt Dean Price, Professor für Medizin, Biologie und Ökologie an der Australian National University, der an den aktuellen Arbeiten nicht beteiligt war. Erst anschließend könnten ausgiebige Feldtests sowie der Prozess für die Zulassung der genetisch manipulierten Pflanzen beginnen.

Zunächst dürfte der neue Ansatz zudem auf einige wenige Pflanzen beschränkt bleiben, die sich besonders gut genetisch modifizieren lassen – etwa Kartoffeln, Tomaten, Auberginen oder Paprika. Mit zusätzlichen genetischen Tricks ließe er sich laut Price aber auch auf andere Pflanzenarten erweitern. (bsc)