Filmstudio Warner erstellte Copyright-Löschaufforderungen mit Bots

Aus Gerichtsdokumenten geht hervor, dass das Filmstudio offenbar vollkommen automatisiert ohne menschliche Prüfung Dateien von Servern entfernen ließ.

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In der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) verhärtet sich der Verdacht, dass Warner Bros. das im Digital Millennium Copyright Acts festgelegte häufig genutzte Verfahren zum Löschen geschützter Werke bewusst missbraucht hat. Sie stützt sich auf erste gerichtliche Eingaben aus den vergangenen Jahren, die das Hollywoodstudio jetzt auf richterliche Anordnung hin öffentlich machen musste.

Warner verschickte demnach mithilfe von "Robots" tausende Beschwerden über angebliche Copyright-Verstöße an Plattformen wie den mittlerweile eingestellten Cloud-Dienst Hotfile. Dabei hatte das Studio Hinweise auf die automatisierte Vorgehensweise in den zunächst veröffentlichten Gerichtsakten in der Auseinandersetzung über den Speicherservice zunächst geschwärzt. Nun wird offenbar, dass Warners eigenes System auf die Bots setzte und damit wohl gegen rechtliche Vorgaben verstieß, während ein alternatives, von einer Drittfirma zum Aufspüren von Urheberrechtsverletzungen verwendetes und von dem Studio vor Gericht erwähntes System zusätzlich menschliche Prüfungen vorsah.

Mit dieser Meldung hatte Hotfile seinen Dienst dichtgemacht

Das Studio beschreibt seine virtuellen Agenten zwar als "höchst ausgefeilt". Die Robots seien in der Lage gewesen, "effektiv und schneller die Suche nachzuahmen, die ein Mensch durchführen würde". Für die EFF steht nach einer Lektüre der nur noch teils geschwärzten Dokumente aber weitgehend außer Frage, dass das System nicht in die Inhalte von Dateien schaute, die auf Hotfile hochgeladen wurden, sondern nur auf deren "Namen und oberflächlichen Attribute". Die Bürgerrechtler sehen auch die Behauptung von Hotfile-Juristen bestätigt, dass Warner ständig kleinere Dateien unter 200 Megabytes als eigene Filmdateien ausmachte und diese genauso löschen ließ wie etwa Kopien der unerwünschten Open Source Software JDownloader.

Warner hatte Hotfile 2011 zusammen mit anderen Hollywoodvertretern wegen umfangreichen Copyright-Verstößen verklagt, obwohl der Dienst dem Studio direkten Löschzugang gewährt hatte. In dem Verfahren waren dem zuständigen Richter Zweifel gekommen, ob Warner die gesetzlichen Anforderungen an sogenannte Takedown-Hinweise an Hostprovider und andere Speicherservices einhielt. Diese besagen, ein Antragsteller müsse selbst guten Glaubens sein, dass sich seine Löschbegehren auf tatsächlich rechtsverletzende Inhalte beziehen. Die Auseinandersetzung endete aber mit einem Vergleich, sodass ein Urteil über missbräuchliche "Takedown Notices" noch aussteht.

Die EFF will zunächst abwarten, dass Warner weitere Akten herausgibt, bevor sie den Rechtsweg möglicherweise weiter beschreitet. Überambitionierte "Robo-Takedowns" verursachen nach Ansicht der Bürgerrechtler schwere "Kollateralschäden" für die Meinungs- und Informationsfreiheit. (anw)