Geld für das Einfrieren von Eizellen: Kritik an Facebook und Apple

Das Silicon Valley scheint eine neuen Methode entdeckt zu haben, um das Dilemma "Kinder oder Karriere?" aufzulösen: Frauen wird das Einfrieren von Eizellen bezahlt, der Kinderwunsch kann warten. Aus Deutschland kommt Kritik.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andrej Sokolow
  • dpa
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Arbeitgeber und Gewerkschaften in Deutschland haben auf das Angebot von Facebook und Apple, ihren US-Mitarbeiterinnen das Einfrieren von Eizellen zu bezahlen, mit großer Skepsis reagiert. "Die deutschen Arbeitgeber mischen sich nicht in die Familienplanung von Arbeitnehmern ein", sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) der Süddeutschen Zeitung. Ein Kinderwunsch sei "eine persönliche Entscheidung, auf die der Arbeitgeber keinen Einfluss nimmt". Ziel der Betriebe bleibe aber, die Familie und Beruf durch familienfreundliche Angebote leichter vereinbar zu machen.

Bei Facebook erkennt man in dem Angebot kein Problem.

(Bild: dpa, Peter Dasilva)

DGB-Vize Elke Hannack sagte der Zeitung: "Geht's noch? Familienpolitik sieht für uns anders aus." Man brauche keine Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen die Entscheidung für oder gegen Kinder "schwer machen und vorgaukeln, sie könne auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden". Nötig seien Arbeitgeber, die mit flexiblen Arbeitszeitmodelle den Mut erhöhen, eine Familie zu gründen.

Hintergrund für die Debatte ist eine kontroverse Hilfe bei der Karriere- und Lebensplanung, die Facebook und Apple weiblichen Mitarbeitern anbieten. Damit können diese den Kinderwunsch aufschieben und sich in jungen Jahren auf ihre Karriere konzentrieren. Laut US-Medienberichten geht es um Kosten von bis zu 20.000 Dollar pro Fall. Der iPhone-Konzern und das weltgrößte Online-Netzwerk betonen zugleich, das Angebot sei lediglich ein Teil ihrer Sozialleistungen für Frauen und Familien.

So verweist Apple auf einen inzwischen über vier Monate langen Mutterschaftsurlaub in den USA und die Übernahme von Kosten, wenn Mitarbeiter ein Kind adoptieren. Unter der seit Februar amtierenden Personalchefin Denise Young Smith wurde am Hauptquartier in Cupertino ein "Wellness Center" mit Ärzten eröffnet.

Bei Facebook bekämen Mitarbeiter nach der Geburt eines Kindes vier Monate bezahlten Urlaub und eine zusätzliche Zahlung von 4000 US-Dollar, sagte eine Sprecherin dem Finanzdienst Bloomberg. Außerdem gebe es eine subventionierte Kinderbetreuung. Die Kosten für das Einfrieren von Eizellen übernimmt Facebook bereits seit Jahresbeginn. Apple folgt im kommenden Jahr.

Die finanzielle Unterstützung für die Behandlung löste im Netz negative Reaktionen aus. So titelte Gawker, Apple und Facebook bezahlten sie, "damit Frauen nie aufhören zu arbeiten".

Sheryl Sandberg von Facebook

(Bild: dpa, Ian Langsdon)

Yahoo-Chefin Marissa Mayer sorgte 2012 für Aufsehen, als sie wenige Tage nach der Geburt ihres Sohnes wieder auf der Arbeit war und ein Kinderzimmer neben ihrem Büro einrichten ließ. Bei Facebook machte sich Spitzenmanagerin Sheryl Sandberg einen Namen mit dem Aufruf, Frauen sollten Karriere und Kinder mutiger miteinander verbinden. In ihrem vielbeachteten Buch "Lean In" schrieb sie, Firmen und die Gesellschaft sollten Frauen dies leichter machen. Sie zählte dort flexible Arbeitszeiten, bezahlte Urlaube und erschwingliche Kinderbetreuung auf – nicht aber das Einfrieren von Eizellen.

Die unkonventionelle Mitarbeiterhilfe von Apple und Facebook, über die als erster der Sender CNBC berichtet hatte, fällt in eine große Debatte über die Lage von Frauen im Silicon Valley. Sie machen oft weniger als ein Drittel der Belegschaft in IT-Unternehmen aus, verdienen weniger und sind auch in den Führungsetagen unterrepräsentiert.

Erst vor wenigen Tagen ließ Microsoft-Chef Satya Nadella die Diskussion aufflammen, als er in einem öffentlichen Auftritt meinte, Frauen sollten nicht unbedingt nach Gehaltserhöhungen fragen. Sie würden dann durch "gutes Karma" belohnt. Nadella nahm wenig später seine Bemerkungen zurück und entschuldigte sich. Aber dass die Worte überhaupt so fielen, sahen viele Beobachter als Beleg für das Ausmaß des Problems.

Das Einfrieren von Eizellen wurde früher nur als medizinische Behandlung etwa bei Unfruchtbarkeit eingesetzt. Mit gesunkenen Preisen greifen allerdings in den USA immer mehr Frauen dazu als Mittel der Familienplanung. Eine amerikanische Expertin für Bioethik und Gesundheitsrecht, Seema Mohapatra, schrieb in der Zeitschrift Harvard Law & Policy Review, der Trend wirke wie ein Wundpflaster für das Problem, Beruf und Familie zu vereinen. Die Angebote der Firmen, die Behandlung zu bezahlen, könnten einen sozialen Druck auf die Frauen schaffen, im Namen der Karriere davon Gebrauch zu machen.

Professor James Hayton von der Warwick Business School lobte die Angebote von Apple und Facebook als innovativ und vorausschauend. Zugleich erwartet er aber Widerstände von religiösen Gruppen in den USA, die über ethische Aspekte der Behandlungen besorgt sein könnten. (mho)