Notfallroboter besser steuern

Schwedische Forscher nutzen Ideen aus der Videogame-Branche, um fernsteuerbare Roboter für Rettungseinsätze einfacher bedienbar zu machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 4 Min.

Schwedische Forscher nutzen Ideen aus der Videogame-Branche, um fernsteuerbare Roboter für Rettungseinsätze einfacher bedienbar zu machen.

Feuerwehren und andere Rettungskräfte setzen zunehmend kompakte Notfallroboter ein, um in gefährliches Terrain vorzudringen – beispielsweise teilweise eingestürzte oder brennende Häuser, in denen sich noch Überlebende oder Verletzte aufhalten könnten. Allerdings sind diese auch
Unmanned Ground Vehicles (UGV) genannten Vehikel nicht besonders einfach zu steuern, weil Bewegungsrichtung und Kamera getrennt kontrolliert werden, was den Steuermann verwirren kann. Hinzu kommt die für den Menschen ungewöhnliche Perspektive, die die bodennahen Roboter einnehmen.

Forscher am Zentrum für autonome Systeme (Center for Autonomous Systems, CAS) der Königlich Technischen Hochschule (KTH) in der schwedischen Hauptstadt Stockholm haben deshalb nun die Steuerung für solche Notfallroboter vereinfacht. Dabei setzten sie auf einen spielerischen Ansatz und ließen sich von Technik aus Ego-Shootern inspirieren.

Feuerwehrleute in Pisa testen das UGV.

(Bild: KTH Royal Institute of Technology)

Sie setzen dabei die sogenannte "Free Look Control" ein, die man aus Actiongames wie "Call of Duty" kennt. Dabei lassen sich sowohl Roboter- als auch Kameraausrichtung mit einem Steuerstick kontrollieren. Der Roboter bewegt sich zudem immer in die Richtung, in die auch die Kamera zeigt. Die KTH-Forscher um den Robotikexperten Petter Ögren haben ihre Technik bereits erfolgreich mit italienischen Feuerwehrleuten getestet.

"Die Idee dabei war, die mentale Anstrengung bei der Bedienperson zu reduzieren, damit sie sich auf die Umwelt konzentrieren können, mit der sie es zu tun haben", sagt Ögren. Der Bediener muss auch nicht im Hinterkopf behalten, wie der Roboter im Raum gerade aufgestellt ist, um ihn zu steuern. Man hat eine "First Person"-Perspektive, wie man sie auch aus 3D-Spielen kennt.

Petter Ögren vom Center for Autonomous Systems am KTH.

(Bild: KTH Royal Institute of Technology)

Ziel sei es, die sogenannte Situational Awareness, das Situationsbewusstsein, zu erhöhen, damit ein Roboterführer die Umwelt des von ihm gesteuerten Gefährts genauer wahrnimmt und sich von einer Situation ein akkurates geistiges Abbild machen kann. In einem brennenden Haus muss der Bediener beispielsweise wissen, in welchen Räumen der Notfallroboter bereits war und wann es Zeit wird, sich ins nächste Stockwerk aufzumachen, erklärt der Forscher.

Der Roboter beherrscht auch eine weitere aus "Call of Duty" und Co. abgeschaute Technik: Das sogenannte Strafing, eine Seitwärtsbewegung, bei der man ein Objekt im Blick behält. Diese Art der Fortbewegung ist etwa sinnvoll, wenn man eine Umgebung nach möglichen Opfern oder noch schwelenden Bränden absuchen muss.

Die Tester lobten die "Free Look Control"-Steuerung des UGV.

(Bild: KTH Royal Institute of Technology)

Bei einem Test mit einer Feuerwehrbrigade in Pisa meldeten 12 von 16 Benutzern des "Free Lock Control"-Systems der KTH-Forscher positives Feedback zurück – sie fanden die Bedienung leichter als zuvor. Zu den dabei überprüften Aufgaben gehörte es, ein Industriegelände in zwei Minuten nach so vielen markierten Bereichen wie möglich abzusuchen, sagt Ögren. Die Standardsteuerungsvariante, auch "Tank Control" genannt, ergab im Schnitt 4,5 Treffer, "Free Lock Control" ergab im Durchschnitt 6.

Das KTH-Team arbeitet bei dem Projekt mit Kollegen aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und Italien zusammen. Die neue Robotersteuerung wird im Rahmen eines größeren EU-Projekts gefördert, der sogenannten Long-Term Human-Robot Teaming for Robot-Assisted Disaster Response, kurz TRADR. Ziel dabei ist es, Mensch und Roboter im Rettungseinsatz möglichst effizient zusammenarbeiten zu lassen.

Die Forschungsergebnisse im Rahmen von TRADR könnten auch helfen, Schwierigkeiten zu vermeiden, wie sie Retter bei der Fukushima-Nuklearkatastrophe im Jahr 2011 oder der Ölpest im Golf von Mexiko erleben mussten. Hier zeigte sich, dass die bisher entwickelten UGVs in der Notfallpraxis noch erstaunlich häufig versagen – auch, weil sie mehr schlecht als recht zu bedienen waren. (bsc)