Verse: Die Neuerfindung der E-Mail, according to IBM

"Re-inventing email", daran arbeitet IBM seit mehr als 10 Jahren. Nun will IBM das Problem mit der Mail an der Quelle lösen.

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Mit Verse erfindet IBM die Email neu
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Inhaltsverzeichnis

E-Mail ist ein universelles Werkzeug, das jeder nutzt, weil es einfach funktioniert. Meistens zumindest.

Man muss sich jedenfalls nicht zuerst untereinander vernetzen, um Informationen zu schicken und zu empfangen. Die E-Mail-Adresse allein reicht. Und für viele Wissensarbeiter ist E-Mail damit zum zentralen Dreh- und Angelpunkt ihrer Arbeit geworden. E-Mail dient nicht nur zur Kommunikation, sondern auch zur Selbstorganisation. Was habe ich erledigt, was muss ich noch machen?

Viele Tools sind angetreten, um E-Mail von dieser Bürde zu entlasten. Todo-Listen, Aktivitäten als leichtgewichtiges Projektmanagement, Chat für den schnellen Austausch, Communities, Messageboards, Foren, Wikis, Blogs. All diese Tools haben E-Mail ergänzt, aber niemals abgelöst. Nun will IBM das Problem an der Quelle lösen. Die Schlüsseltechnik dafür heißt Analytics. Flankiert wird sie von sozialen Komponenten und nicht zuletzt einem frischen Design.

Mit "A New Way To Work" warb Lotus bereits 1991 für Notes.

(Bild: Alan Lepofsky )

Im Januar auf der Connect 2014 erstmals angekündigt, schwenkt IBM jetzt langsam auf die Zielgerade ein. Was als Projekt "Mail Next" angekündigt war, soll nun als IBM Verse in den Betatest mit wenigen Kunden gehen. Im Januar zur ConnectED 2015 soll der Code vollständig sein, Ende des ersten Quartals will IBM dann Verse der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Es soll in der IBM Softlayer Cloud gehostet werden und gemäß dem Freemium-Modell teilweise kostenlos neue Kunden gewinnen.

Verse nimmt dem Benutzer seine gewohnte Inbox nicht weg. Aber es reichert sie um flankierende Information an. So kann man etwa sehen, welche Teilnehmer ein E-Mail-Konversation haben, wo sie im Unternehmen arbeiten und an welche Manager sie berichten - eine eminent wichtige Information in großen Konzernen. Gleichzeitig erkennt Verse die wichtigsten Kommunikationspartner und bietet sie mit Profilbildern am oberen Rand an. Von dort aus lassen sich neue Konversationen starten, aber auch eingehende Nachrichten filtern. Langwierige Konversationen, die sich totgelaufen haben, lassen sich schnell ausblenden.

Da Verse die gesamte Inbox analysiert, unterstützt es ein sogenanntes "Facetted Search". Man erinnert sich an ein Stichwort, das vor drei Wochen, oder vielleicht zwei Monaten, von Ute oder Volker genannt wurde. Das war in einer E-Mail, nein, vielleicht einem Chat. Oder einer Powerpoint-Datei oder einem PDF. Auf diese Art lassen sich Suchergebnisse anhand unterschiedlicher Facetten immer weiter eingrenzen, bis man das gewünschte gefunden hat.

Mit Verse will IBM die E-Mail neu erfinden (7 Bilder)

Die Inbox wird ergänzt um die wichtigsten Kontakte und einen Kalender als Zeitstrahl. Nachrichten lassen sich mit diesen Hilfsmitteln unmittelbar filtern. (Bild: IBM)

Die Analyse ergibt aber noch mehr. So kann Verse erkennen, welche Nachrichten aus welchen Quellen heute wichtig sind. Wieviel Mails etwa vom eigenen Manager kommen, wieviel vom Team, wieviele von außen. Huckepack auf den Mails lassen sich Aufträge erteilen. "Ich brauche bis morgen dieses und jenes von Dir." Verse zählt dann auf, welche Informationen man selbst heute, morgen und diese Woche schuldet, auf welche Informationen man von wem wartet. IBM führt dazu den Begriff "Personal Debt" ein. Man schuldet dem anderen noch eine Information.

Zunächst wird IBM Verse nur selbst in der Softlayer Cloud hosten. Das erlaubt schnelle Korrekturen und eine agile Weiterentwicklung. Da viele Unternehmen ihre Informationen lieber im eigenen Haus speichern, soll es in der Zukunft auch eine Version für die Eigeninstallation geben.

Verse ist das erste Software-Produkt, das mit der neuen IBM-Designmethode entwickelt wurde. Phil Gilbert hatte als verantwortlicher General Manager letztes Jahr in Austin ein neues großes Design-Zentrum gestartet und dieses Jahr in Böblingen eine Außenstelle etabliert. Gilbert hat die Aufgabe, IBM zurück an die Spitze des industriellen Designs zu bringen. Das betrifft heute nicht nur Hardware und Kommunikationsdesign, sondern eben auch Software. Um seine Methode quer durch das Unternehmen zu etablieren, veranstaltet Gilbert regelmäßig Design Camps, bei denen auch Top-Manager teilnehmen.

IBM stellt Verse am heutigen Dienstag ab 17:00 Uhr in einem Webcast vor, der einige Stunden später auch als Replay zur Verfügung stehen soll. Er steht unter dem Motto "A New Way To Work". So bewarb Lotus 1991 bereits das damals noch neue Produkt Lotus Notes.

In einigen Videos zeigt IBM, was der Konzern selbst von Verse hält und an dem Produkt besonders hervorheben möchte; darunter ist auch eine allgemeine Einführung:

(vowe)