Grüne: "Straftaten gegen Datensouveränität der Bürger konsequent verfolgen"

Die Grünen haben auf ihrem Bundesparteitag einstimmig einen Beschluss gegen die "grenzenlose Überwachung" gefasst. Geheimdienste wollen sie an die Kandare legen und eine Pflicht einführen, IT-Sicherheitslücken umgehend zu beheben.

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Grüne: "Straftaten gegen Datensouveränität der Bürger konsequent verfolgen"
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Auf die "immer neuen Enthüllungen zum größten Überwachungs- und Ausspähskandals der Geschichte" und die so bekannt gewordenen Praktiken der NSA sowie ihrer Partnerdienste haben die Grünen am Wochenende auf ihrem Parteitag in Hamburg mit einem Forderungskatalog reagiert. Straftaten gegen die "Datensouveränität" deutscher Bürger durch Geheimdienste sollen demnach "konsequent verfolgt" und möglichst hiesigen Gerichten zugeführt werden.

Die verantwortlichen Personen seien in Deutschland "zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen", heißt es in dem Beschluss weiter. Falls die Beschuldigten diplomatischen Schutz genössen, müssten sie entweder ausgewiesen oder zu "unerwünschten Personen" erklärt werden. Gegen EU-Staaten, deren Geheimdienste weiterhin Angriffe auf Informationssysteme anderer Mitgliedsstaaten unternehmen, seien Vertragsverletzungsverfahren anzustrengen. Bei den Ermittlungen müsse das Cybercrime-Zentrum Europols deutsche Behörden gegebenenfalls unterstützen.

Jede Form der Duldung von und Kooperation deutscher Behörden mit ausländischen Geheimdiensten, die offensichtlich rechtswidrig Bürger in Deutschland ausspionieren, wollen die Grünen "umgehend eingestellt" wissen. Deutsche Sicherheitsbehörden müssten gegen eine "großflächige Ausforschung" Deutscher im Rahmen der Spionageabwehr vorgehen. Die Bundesregierung habe international "unmissverständlich deutlich zu machen", dass die Achtung der informationellen Selbstbestimmung der Bundesbürger Voraussetzung für eine Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich sei. Abkommen zum Transfer etwa von Bank- oder Fluggastdaten seien zu kündigen.

Deutsche Geheimdienste sollen den Grünen zufolge "demokratisch eingehegt" und stärker kontrolliert werden. Den Militärischen Abschirmdienst (MAD) wollen sie abwickeln, das Bundesamt für Verfassungsschutz "vorübergehend" auflösen und seine Arbeit an anderer Stelle mit neu überdachten Kompetenzen später fortführen. Neben der Bundesdatenschutzbeauftragten müsse auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) unabhängig vom Bundesinnenministerium und besser ausgestattet werden.

Um das Entwickeln sicherer IT voranzutreiben, drängen die Grünen auf die staatliche Förderung entsprechender – möglichst freier – Software. Ein besonderer Schwerpunkt sei dabei auf robuste und benutzerfreundliche Kryptosystem zu legen. Dringend nötig sei endlich bei allen IT-Großprojekten eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.

Im Unterschied zum Innenressort macht sich die Partei nicht nur für eine Pflicht zum Melden von IT-Sicherheitslücken stark, sondern auch dafür, dass solche Schwachstellen "umgehend" zu beheben sind. Sie tritt für Änderungen der Haftungs- und Gewährleistungsregeln proprietärer Software ein, sodass der "falsche Umgang mit Sicherheitsproblemen" zu Sanktionen führen könnte.

Ferner müsse es Anreize geben, technisch Unsicherheit aufzudecken und klar im Detail zu benennen. Staatlichen Stellen sei es zu untersagen, die Sicherheit und Integrität von IT-Produkten und er Kommunikationsinfrastruktur negativ zu beeinflussen. Keinesfalls dürften staatliche Institutionen den Schwarzmarkt für Sicherheitslücken befördern, indem sie etwa Zero-Day-Exploits aufkauften. Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte im Sommer bereits ein Papier verabschiedet, in dem sie Wege zum Rückgewinnen der Datensouveränität der Verbraucher aufzeigt. (jk)