Experten kritisieren Regierungsplan für Bundesdatenschutzbehörde

Fast alle Sachverständigen waren bei einer Anhörung im Bundestag der Meinung, dass die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf für eine unabhängige Datenschutzbehörde zu kurz gesprungen sei.

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Andrea Voßhoff

Andrea Voßhoff soll ab 2016 einer eigenen Bundesbehörde vorstehen.

(Bild: dpa, Hannibal/Archiv)

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Bei einer Anhörung im Bundestag haben Experten das Vorhaben der Bundesregierung grundsätzlich begrüßt, die Datenschutzkontrolle im Bereich des Bundes auf eigene Füße zu stellen. Der Großteil der befragten Juristen bemängelte aber, dass der Entwurf "die letzte Konsequenz vermissen" lasse und verbesserungsfähig sei. Das derzeit noch dem Innenministerium untergeordnete Amt der Bundesbeauftragten für Datenschutz soll damit zum 1. Januar 2016 in eine eigenständige oberste Bundesbehörde überführt werden.

Die Regierung wolle sich das Vorschlagsrecht für die Leitung der geplanten neuen obersten Bundesbehörde sichern, kritisierte der Passauer Internet- und Staatsrechtler Dirk Heckmann: Die Exekutive suche sich ihren Kontrolleur aus. Besser sei, den Posten auszuschreiben. Der EuGH habe mehrfach geurteilt, dass schon der Anschein der Beeinflussung der Datenschützer mit der EU-Datenschutzrichtlinie nicht vereinbar sei, führte Heckmann aus. Selbst die Einsichtnahme in laufende Arbeiten der Kontrollinstanz durch die Regierung scheide damit aus.

"Jede Möglichkeit politischer Einflussnahme muss ausgeschlossen sein", ergänzte Alexander Roßnagel vom Kasseler Institut für Wirtschaftsrecht: "Es geht um Grundrechtsschutz." Die Regrierung dürfe keine Möglichkeit haben, in Mitteilungen der Datenschutzbehörde hineinzuregieren, forderte der frühere Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka. Der derzeitige Entwurf "lässt jeden Raum für Willkür der Bundesregierung" und verböte der Behördenleitung den Mund. Dagegen sprach sich der Bonner Staatsrechtler Klaus Gärditz für den Regierungsplan aus und meinte, die neue Behörde dürfe "kein Zusatzministerium" werden. Dass die Behörde sich Aussagen generell genehmigen lassen soll, sei verfassungsrechtlich geboten.

Hans-Hermann Schild, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Wiesbaden, und die vor einem knappen Jahr ins Amt gewählte Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff lenkten den Fokus vor allem auf die Organisations- und Funktionsfähigkeit der geplanten neuen Institution. Die vorgesehene Personalausstattung sei unzureichend bei dem exorbitant gestiegenem Aufgabenaufwand etwa im Bereich der Sicherheitspolitik, wo ständig neue Datenbanken und Befugnisse geschaffen würden, gab Schild zu Protokoll. Die für die Umstrukturierung vorgesehenen sechs neuen Stellen "sind in jeder Hinsicht nicht ausreichend", bestätigte Voßhoff.

Die Kontrollmöglichkeiten insbesondere im Bereich der Geheimdienste blieben zudem lückenhaft. So sei für die Überwachung der strategischen Auslandsaufklärung des Bundesnachrichtendienstes (BND) zwar die parlamentarische G10-Kommission zuständig. Sollten im Anschluss auf Basis gewonnener BND-Erkenntnisse andere Behörden wie der Verfassungsschutz oder Strafverfolger tätig, falle die Kontrolle in ihr Ressort. Eine Einsichtnahme würde aber oft verwehrt unter dem Hinweis, dass die G10-Kommission doch schon involviert gewesen sei. (vbr)