Menschenrechtskommissar: Überwachung überschreitet rechtliche Grenzen

Der Menschenrechtskommissar des Europarats kommt angesichts der Enthüllungen von Edward Snowden zu dem Schluss, dass rechtliche Grenzen überschritten wurden: Die Regierungen müssten Konsequenzen ziehen.

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NSA Abhöraffäre

(Bild: dpa, Andreas Gebert)

Lesezeit: 2 Min.

"Geheime, massive und unterschiedslose Überwachungsprogramme" verletzen Europäische Menschenrechte. Zu diesem Schluss kommt der Menschenrechtskommissar des Europarats Nils Muižnieks in einem neuen Bericht über Rechtsstaatlichkeit in der digitalen Welt. Muižnieks erkennt darin zwar die Notwendigkeit des Kampfs gegen Cybercrime und Terrorismus an, sieht in der Überwachung aber eine Gefahr: Sie könne die Demokratie zerstören, anstatt sie zu schützen. Der Menschenrechtskommissar des Europarats bildet neben dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Säule der Menschenrechtsarbeit der Staatenorganisation.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Muižnieks widmet sich in seinem Bericht den Gefahren, die staatliche Eingriffe in Internetaktivitäten mit sich bringen. Besonderes Augenmerk legt er auf die Grundrechte der Meinungsfreiheit und des Datenschutzes. Dem britischen Guardian sagte Muižnieks, "bezüglich der Überwachung wurden die rechtlichen Grenzen überschritten und die demokratische Kontrolle muss schärfer werden". Die massenhafte Vorratsdatenspeicherung steht für ihn im Widerspruch zur Rechtsstaatlichkeit.

Als ein wesentliches Problem hat Muižnieks ausgemacht, dass weite Teile der Internetinfrastruktur von privaten Unternehmen kontrolliert werde, die nicht direkt an internationale Menschenrechtsabkommen gebunden sind. Gleichzeitig unterstehen sie aber nationalem Recht, das nicht immer mit internationalen Standards übereinstimme. Direkt oder indirekt – etwa durch politischen Druck – können Staaten Unternehmen dann zu Maßnahmen drängen, die ihnen selbst verboten wären. Regierungen sollten damit aufhören, sich hinter Unternehmen zu verstecken und die Gültigkeit rechtsstaatlicher Grundsätze auch im Internet sicherstellen, fordert der Menschenrechtskommissar.

Mit deutlichen Worten warnt Muižnieks auch vor den Gefahren für das Internet, sollten die massiven Probleme nicht angegangen werden. So hätten die USA schon immer deutlich mehr Kontrolle über das Internet als andere. Vor allem wegen der gesetzlichen Verankerung der Meinungsfreiheit in den USA sei das bis zu den Snowden-Enthüllungen nicht als großes Problem erschienen. Inzwischen sei aber klar, dass die USA sich nicht verpflichtet sehen, die Privatsphäre von Ausländern zu respektieren. Wenn andere Staaten nun versuchten, Daten im Land zu halten und so zu schützen, bestehe die Gefahr, das Internet zu fragmentieren und damit dessen Fundament zu zerstören. (mho)