Milliardenschäden für Firmen durch Wirtschaftsspione im Netz

Immer mehr Firmen werden durch Einbrüche in die Netze und IT-Systeme ausspioniert. Verfassungsschützer und das BSI sehen Milliardenschäden; sicheren Schutz gebe es kaum.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 137 Kommentare lesen
Cyberattacken

(Bild: dpa, Boris Roessler)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Die Zahl der Firmen in Deutschland, die von Cyberkriminalität betroffen sind, steigt. Jedes zweite Unternehmen wurde in den letzten drei Jahren Opfer von Angriffen aus dem Internet, wie das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik ermittelt hat. Seit 2007 hat sich die Zahl von Cyber-Straftaten fast verdoppelt. Angreifer, die in Firmennetze eindringen und dort Informationen und Daten stehlen, verursachten in den Unternehmen Milliardenschäden, sagte eine Sprecherin der Allianz-Versicherung.

Michael George vom Landesamt für Verfassungsschutz in München geht von einer weiteren Zunahme der Cyberkriminalität in den nächsten Jahren aus: "Wir sehen nicht die Spitze des Eisbergs, sondern nur den ersten Kristall dieses Berges", sagte er gegenüber dpa. George ist für Wirtschaftsschutz beim Landesamt für Verfassungsschutz zuständig und leitet dort das Cyber-Allianz-Zentrum. Das Zentrum analysiert die Internet-Angriffe auf Unternehmen. Das sei ein "Katz-und-Maus-Spiel", meint George. "Wir ändern nichts am Schutz der Firmen, aber wir sammeln, analysieren und geben die Informationen über den Angriff anonymisiert weiter."

"Alles was Hochtechnologie ist, ist besonders betroffen", meint der bayerische Verfassungsschützer. Autokonzerne, Luft- und Raumfahrtunternehmen und Maschinenbauer gehören dazu. Doch George sagt auch: "Größere Firmen haben das Geld, um in Sicherheit zu investieren." Die Kleinen jedoch bleiben schnell auf der Strecke. "Wir haben noch kein Lagebild davon, wie es bei kleinen und mittelständischen Firmen aussieht."

Schaffen es die Angreifer in ein Firmennetz, nehmen sie Ideen, technisches Wissen und strategische Informationen mit – und sind damit nicht nur für die Firmen selbst eine Gefahr, sondern auch für die Volkswirtschaft. "Der Rohstoff in Deutschland ist unser Ideenreichtum, das garantiert das Wachstum", sagt George. Und auf diese Ideen haben andere es abgesehen: "China versucht seinen Technologierückstand aufzuholen - mit allen Mitteln", nennt George ein Beispiel.

Zudem seien Krankenhäuser oder Energieversorger für Cyber-Angreifer ein Paradies. Sie können dort ins System eindringen und ganze Städte lahmlegen. "Sie können den örtlichen Energieversorger ausschalten und damit auch die wichtige Industrie in einem Ort treffen", erklärt George. Auch dass immer mehr Gegenstände vernetzt sind, macht ihm Sorge.

Einen sicheren Schutz gibt es kaum, irgendwie schaffen die Angreifer es immer ins Netz. "Höhere Zäune nützen nichts, dann kauft sich der Angreifer halt eine höhere Leiter", sagt George. Es ginge darum, die Angreifer möglichst schnell aufzuspüren, bevor er mit Top-Infos wieder abtaucht. Doch damit tun sich Firmen noch schwer: Viele wollen nicht über Angriffe sprechen, um ihren Ruf nicht zu gefährden. "Ein doppeltes Dunkelfeld", meint George.

Besserer Schutz bedeutet für George in erster Linie, es dem Angreifer nicht zu leicht zu machen. Es gehe darum, die bereits bekannten Sicherheitslücken zu schließen und die Top-Informationen zu verschlüsseln, damit sie wertlos blieben, selbst wenn ein Angreifer sie in die Finger bekommt. "Damit wäre schon vielen geholfen." (jk)