Virtuelle Rekonstruktion von Stasi-Unterlagen noch im Test

Stasi-Offiziere zerrissen zum Schluss per Hand ihre Unterlagen. Die Vernichtung wurde gestoppt. Millionen Schnipsel liegen bis heute in Säcken. Wird es gelingen, sie zusammenzufügen?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 85 Kommentare lesen
Virtuelle Rekonstruktion von Stasi-Unterlagen noch im Test

(Bild: Fraunhofer IPK)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • dpa

Die Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen per Computer steckt weiter in der Testphase. Ein hochleistungsfähiger Spezialscanner für die Papierschnipsel fehle noch, sagte der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, gegenüber dpa. Der Bundestag habe für das Projekt nun zusätzlich zwei Millionen Euro bewilligt. "Das ist das Signal, dass es weitergeht." Einen Termin nannte er aber nicht.

Das Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik tüftelt seit 2007 an der weltweit einmaligen Technik. Der Bundestag hatte für das Pilotprojekt bereits acht Millionen Euro bereitgestellt. Wegen der komplizierten Materie gab es immer wieder Verzögerungen.

Aus den rekonstruierten Papieren werden weitere Erkenntnisse über das Wirken der DDR-Staatssicherheit erwartet, möglicherweise auch über die Arbeit der Stasi im Westen. Im Herbst 1989 hatten Offiziere massenhaft Akten vernichten wollen. Nachdem Reißwölfe heiß gelaufen waren, wurde auch per Hand zerfetzt. Bürgerrechtler stoppten die Aktion und retteten massenhaft Akten. Daneben blieben 111 Regal-Kilometer unversehrte Papiere erhalten.

Die zerrissene Hinterlassenschaft wurde in 16.000 Säcken gelagert. In den 25 Jahren seit dem Mauerfall wurde der Inhalt von mehr als 500 Säcken zusammengefügt – zumeist per Hand. Das seien 1,5 Millionen Blätter, sagte Jahn. Mit den bisherigen Kapazitäten würde die Rekonstruktion noch mehrere hundert Jahre dauern, betonte der frühere DDR-Oppositionelle. "Ich bin ungeduldig angesichts dieser Zeitprognose."

Laut Stasi-Unterlagen-Behörde war die Software für das gigantische Computer-Puzzle schon vor einem Jahr fertig. Sie kann Risskanten, Schrift- und Papierarten eindeutig zuordnen. Aus Schnipseln seien in dem Projekt mehr als 24.000 Blätter wiederhergestellt worden. Problematisch ist bislang, dass die Schnipsel sehr aufwendig in herkömmlichen Geräten eingescannt werden müssen.

c't hat im Sommer das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) besucht, wo vernichtete Stasi-Akten computergestützt rekonstruiert werden.

(jk)