Federlesen #19: 15 Jahre Apache Software Foundation

Wer Software entwickelt, braucht einen langen Atem, Disziplin und gemeinsame Ziele. Die Apache Software Foundation gibt es seit über 15 Jahren.

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Von
  • Frank Pientka
Inhaltsverzeichnis

Wer Software entwickelt, braucht einen langen Atem, Disziplin und gemeinsame Ziele. Die Apache Software Foundation gibt es seit über 15 Jahren – Zeit für einen Rückblick.

Viele Produkte und Firmen haben die Bühne der Softwarewelt betreten und auch schon wieder verlassen. Die vor etwas mehr als 15 Jahren gestartete Apache Software Foundation (ASF) ist hingegen immer noch da. Angefangen als Open-Source-Organisation für den verbreiteten HTTP-Webserver verfügt sie heute als Stiftung für viele andere Open-Source-Projekte über eine unvermindert hohe Daseinsberechtigung.

Derzeit geht es bei Open-Source-Projekten wie Docker, Node.js oder Scala zuweilen drunter und drüber. Es herrscht hier Unstimmigkeit über den weiteren und richtigen Weg. Auch bei den Apachen gab es immer wieder mal Streitereien. Meist wurde jedoch ein Weg zur Lösung des Konflikts gefunden. Im schlimmsten Fall bedeutete es jedoch, wie beim Persistenz-Framework iBATIS, dass das Projekt auf dem Softwarefriedhof landete. Einen ebensolchen gibt es seit 2008 unter dem Namen Attic: Inzwischen befinden hier sich 28 Projekte. 2014 sind die Projekte ESME, XMLBeans, Standard C++ Library und Click hier gelandet, und auch das Hadoop-Projekt Whirr und die W3C-Widgets-Implementierung Wookie stehen kurz vor ihrer Beerdigung.

Manchmal kommt es vor, wie bei Xerces-J mit der geplanten Unterstützung für XML Schema 1.1 sowie bei Xalan-J oder Commons SCXML mit dem avisierten Support für State Chart XML (SCXML) 1.0, dass sich nach längerem Stillstand neue Ideen und Mitarbeiter finden, die das Projekt wieder aufleben lassen und ein neues Release vorbereiten.

Auch die Apache-Lizenz wurde weiterentwickelt und vor zehn Jahren in der Version 2.0 veröffentlicht. Gleichzeitig gab es eine Ergänzung des ASF Contributor License Agreement (CLA). Um Codespenden durch Firmen und damit verknüpfte Rechtsfragen zu erleichtern, wurde neben der Individual Contributor License Agreement (ICLA) eine Corporate Contributor License Agreement (CCLA) erstellt. Mitarbeiter von Firmen die in dieser Funktion zu Apache-Projekten beitragen, müssen zusätzlich zur Firmenvereinbarung ein eigenes ICLA unterschreiben.

Die für die Finanzierung und Organisation zuständige Stiftung und der Apache-Entwicklungsprozess helfen, Interessenkonflikte auszugleichen und einen Mittelweg zwischen Innovation und Langlebigkeit zu finden. Der größte Teil (63 %) ihres Budgets fließt in die Infrastruktur. Die nächstgrößeren Posten gehen mit jeweils 10 Prozent in Marketing und Verwaltung. Der Rest wird für Markenschutz, Konferenzen und Reisekosten benötigt.

Projektentscheidungen darüber, welche Funktionen zu entwickeln sind, wann ein Release erstellt wird, welche Committer ins Projekt aufgenommen werden oder welche Infrastruktur vorteilhaft ist, treffen die Entwickler gemeinsam transparent auf Basis der Apache-Grundsätze. Egal welchen Beitrag wer leistet, jeder Committer hat eine gleichberechtigte Stimme. Hier wird das Sprichwort gelebt: "Im Notwendigen herrsche Einmütigkeit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem aber Liebe." Das macht Apache letztlich für große Firmen interessant, ihre Software durch die Übergabe an die ASF auf eine breitere Basis zu stellen, um mehr Entwickler und Firmen ins Boot zu holen. Der Wert von Open Source beruht nicht allein auf der Lizenz, sondern auf gemeinsamen Prinzipien und Strukturen. Der Apache-Grundsatz "Community over Code" bedeutet dabei, dass die Gemeinschaft wichtiger als der Code ist.

Um die Gemeinschaftskultur noch mehr zu fördern, hat die ASF auf mehrfachen Wunsch erst kürzlich einen eigenen Verhaltenskodex mit sieben Leitlinien veröffentlicht. In ihnen geht es vor allem um ein achtsames, offenes und kollaboratives Kommunikationsverhalten in den Mailinglisten, in denen es jedoch immer wieder emotional hoch hergehen kann.

Open-Source-Stiftungen wie ASF, Eclipse Foundation und Linux-Foundation sind zwar manchmal etwas behäbiger, dafür aber auch nachhaltiger als manches innovative stiftungsunabhängige Projekt. Zudem bieten sie Prozesse zum Interessenausgleich und Strukturen zum Aufbau unabhängiger Communitys mit langfristigen Ergebnissen.

Sowohl die Anzahl der Projekte, die verwalteten Codezeilen und auch die Committerzahlen wachsen bei Apache. Alle Zahlen haben sich im Vergleich zu vor fünf Jahren nahezu verdoppelt. Die ASF hat derzeit rund 500 aktive Mitglieder, 4000 Committer und 150 Top-Level-Projekte. Vor fünf Jahren waren es 300 Mitglieder, 2000 Committer und 68 Top-Level-Projekte. Neben Subversion hat sich das vor über vier Jahren eingeführte Git mit inzwischen 268 eigenen Repositories bei Apache etabliert. Nachdem vor mehr als vier Jahren der einmillionste Commit von Apache-Code gefeiert wurde, folgte 2014 der zweimillionste.

Letztes Jahr fand in Budapest nach zwei Jahren wieder eine europäische ApacheCon statt. Wer nicht dabei sein konnte, kann sich die Slides der meisten dort gezeigten Vorträge online anschauen. In Ungarn wurde auch das ASF-Jubiläum entsprechend gefeiert. Etwas ausführlicher würdigten es drei Blog-Beiträge der jüngeren Vergangenheit.

Die Apache Software Foundation ist aus der Welt der heutigen Softwareentwicklung nicht mehr wegzudenken. Dabei zeigt sich, dass eine Kultur mit wenigen gemeinsamen Regeln oft wertvoller ist als die auf deren Basis erstellten Produkte.

Selbst wenn in Zukunft neue und erfolgreiche Projekte mit der Apache-Lizenz außerhalb von ASF entstehen werden, hat eine derartige Organisation ihren eigenen Wert. Hier ist zu wünschen, dass nicht nur die Väter, sondern auch ihre Nachkommen sich um ihr weiteres Wohlergehen kümmern.

Frank Pientka
ist Senior Software Architect bei der Materna GmbH in Dortmund. (ane)