King Kong: Stephen King und die E-Books

Stephen King scheint einen Erfolg vermelden zu können: Die Internet-Surfer bezahlen eifrig für das erste Kapitel des nur online verfügbaren King-Buchs "The Plant".

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Von
  • Dr. Jürgen Rink

Stephen King scheint einen Erfolg vermelden zu können: Der Erfolgsautor vermarktet den Thriller The Plant exklusiv über seine Homepage. Damit verlässt der Literaturstar die üblichen Pfade der Buchindustrie und bringt Literatur am Verlag vorbei direkt zum Leser. Nach dem Flop mit seiner digitalen Erzählung Riding the Bullet hat sich King für die Bezahlung diesmal etwas Ungewöhnliches einfallen lassen – jenseits der gewohnten Vertriebs- und Verkaufsstrukturen von Verlagswesen und Buchhandel.

Jeder kann sich, nachdem einem Vertrag per Klick zugestimmt wurde, das erste Kapitel von The Plant in den Formaten PDF, Palm-DOC, Open-eBook oder als ASCII- oder HTML-Datei kostenlos und unverschlüsselt herunterladen. Wer möchte, kann einen Obulus von einem US-Dollar an Herrn King zahlen. Damit die Bezahlmotivation steigt, stellte der Meister allerdings eine Bedingung: Nur wenn mindestens 75 Prozent derer, die sich das Kapitel laden, auch dafür bezahlen, will er die nächsten Teile nachschieben. Diese sollen allerdings teurer werden. Und King zeigt sich vom Erfolg der Aktion selbst überrascht: Über 76 Prozent der Downloader hätten den Dollar bereits über den Tisch des Autors geschoben – mehr als er erwartet habe. 152.132 Mal sei das erste Kapitel bis zum Montag heruntergeladen worden, 116.200 direkte Bezahlungen oder Versprechen, dies zu tun, habe er bereits, erklärte King. Die vorerst nur versprochenen Dollars würden so langsam bereits bei ihm eintrudeln. Damit hat King bislang schon mit dem ersten Kapitel fast die gesamten bislang angefallenen Kosten von 124.150 US-Dollar hereingeholt – nach seinen Angaben entstanden durch die Internet-Gebühren und zwei Print-Anzeigen für The Plant in amerikanischen Zeitungen.

Die Tatsache aber, dass King an der Verlagsbranche vorbei operiert und damit auch noch Erfolg hat, ist weit weniger wichtig, als es zunächst den Anschein hat. Denn der Coup kann nur deshalb gelingen, weil dieser Schriftsteller den meisten Kollegen eines voraus hat: Einen weltweit bekannten Namen. Diese Aktion wird den Verlagschefs daher kaum den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Nachahmer von King müssen aller Vorraussicht nach im anonymen Web mangels Zahlungsmoral auf die Einkünfte in gewohnter Höhe verzichten. Die Alternative dazu, E-Books nur verschlüsselt gegen Bezahlung anzubieten, scheitert derzeit an fehlenden ergonomischen Lesegeräten und auch daran, dass der Hauptteil der Leserschaft nicht auf ein Papierbuch verzichten will oder kann.

Die Aktion zeigt dagegen einer ganz anderen Klientel, wie man's macht. All diejenigen, die davon träumen, im Web das große Geld zu verdienen, ohne vorher viel investieren zu müssen, können sich bei Stephen King eine Scheibe abschneiden: Der Autor musste sich nicht einmal an die Tastatur setzen, denn The Plant liegt laut Agentur-Berichten bei ihm schon seit Jahren unveröffentlicht in der Schublade – immerhin verspricht King, noch an dem Roman weiterzuarbeiten. Das Manuskript in eine risikoarmen Geldmaschine zu verwandeln, ist aber die eigentliche Lehre dieses E-Books. Fortsetzung folgt... (jr/c't) / (jk)