Eiertanz der Grünen-Spitze um die Vorratsdatenspeicherung

Der Vorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, bezeichnete einen "verfassungskonformen" EU-Ansatz zum längeren Aufbewahren von Nutzerspuren zunächst als zustimmungswürdig, ruderte inzwischen aber zurück.

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Bundestag

(Bild: dpa, Christian Charisius/Archiv)

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Der Bundes-Chef der Grünen Cem Özdemir hat in Sachen Vorratsdatenspeicherung einen Rückzieher gemacht. Am Donnerstagabend wollte sich der Vorsitzende in der ZDF-Talkshow "Maybrit Illner" einer Neuauflage der umstrittenen Überwachungsmaßnahme letztlich nicht ganz verschließen. Er könne auch einer europäischen Lösung zur Vorratsdatenspeicherung aber nur dann zustimmen, betonte er, "wenn sie verfassungskonform ist".

Die Ansage wurde verschiedentlich als Signal für einen Richtungswechsel bei den Grünen beim Thema Grundrechtsschutz und Strafverfolgung gewertet, da sie die Maßnahme bisher größtenteils generell ablehnten. Inzwischen versucht Özdemir, die Gemüter zu beruhigen. "Leute, keine Sorge!", twitterte er am Freitag. Es bleibe dabei: Mit den Grünen gebe es "keine anlasslose Massenüberwachung per Vorratsdatenspeicherung".

Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir: Will er sich der Vorratsdatenspeicherung nicht ganz verschließen? Oder doch voll dagegen sein?

(Bild: Sedat Mehder)

Er prüfe jeden einzelnen Vorschlag für strengere Sicherheitsgesetze "auf den Sinngehalt", hatte der Parteichef zuvor erklärt. Er wolle "überzeugt werden". Bislang sei dies in der Frage der Vorratsdatenspeicherung aber noch keinem gelungen. Die Spitze der Bundestagsfraktion der Grünen, Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt, unterstrich später im ARD-Morgenmagazin ihre ablehnende Haltung zum anlasslosen Protokollieren und Aufbewahren elektronischer Nutzerspuren. Stattdessen setzten sich die beiden Oppositionspolitiker dafür ein, die Polizei besser auszurüsten und so in die Lage zu bringen, bestehende Gesetze umsetzen zu können.

Die SPD ringt parallel nach den Pariser Anschlägen weiter um eine Linie zur Vorratsdatenspeicherung. Parteichef Sigmar Gabriel signalisierte dazu erneut Dialogbereitschaft gegenüber dem Koalitionspartner CDU/CSU, der massiv auf die Wiedereinführung des Instruments drängt. Dieses könne nur unter "engen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen" für die Strafverfolgung "geeignet und verhältnismäßig" sein, sagte der Vizekanzler der Süddeutschen Zeitung. Dazu zählte er etwa einen Richtervorbehalt.

Die Debatte sei mit "Augenmaß und Nachdenklichkeit zu führen", ergänzte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Die Sozialdemokraten wollten Vorschläge der EU-Kommission für neue Vorgaben abwarten, nachdem der Europäische Gerichtshof die alten voriges Jahr verworfen hatte. Das liegt auf dem Kurs von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der bislang die Vorratsdatenspeicherung als ungerechtfertigten Grundrechtseingriffablehnt.

Der neue Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, wirbt wie sein Vorgänger für das Überwachungsmittel. Im ZDF erklärte er: "Solche Instrumente" erlaubten es der Polizei, möglichst schnell Strukturen und Mittäter zu erkennen, "um möglicherweise weitere Anschläge zu verhindern". (axk)