Wikileaks: Das war ein Google-Angriff auf die Pressefreiheit

Allein vom Wikileaks-Pressesprecher Kristinn Hrafnsson soll Google 43.000 Mails an die US-Behörden weitergereicht haben. Eine Wikileaks-Pressekonferenz am Montag geriet deshalb zum Google-Tribunal.

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Assange

(Bild: dpa, Kerim Okten/)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Auf einer Pressekonferenz in Genf haben sich Wikileaks-Mitarbeiter und von der Organisation beauftragte Juristen über Google entrüstet, aber auch Widerstand angekündigt: Selbst wenn der europäische Haftbefehl gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange aufgehoben werden sollte, wird dieser sich nicht aus der Botschaft von Ecuador begeben. Das Patt ist perfekt.

Die länger avisierte Pressekonferenz von Wikileaks zum turnusmäßig anstehenden periodischen Bericht des UN-Menschenrechtsrates über Rechtsverletzungen in Schweden verwandelte sich zugleich auch in ein Google-Tribunal: Der Internetkonzern hatte alle Mails von drei prominenten Wikileaks-Mitarbeitern an die US-amerikanischen Ermittler vom FBI ausgehändigt. Besonders schlim traf es den Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson: 43.000 Mails wurden den Ermittlern nach seinen Angaben zur Analyse übermittelt.

Der Anlass war schlicht, aber das Ergebnis ein wuchtiger Donner: In drei Punkten kritisiert der aktuelle UPR-Bericht, der über jedes UN-Mitglied erstellt wird, Schwedens Umgang mit dem Australier Julian Assange. In seinem Fall werde die Menschenwürde missachtet, denn ein Ermittler-Team hätte sich längst in die ecuadorianische Botschaft begeben und dort Assange zu den Vorwürfen befragen können, die bald in dritter Instanz in Stockholm verhandelt werden.

Wenigstens hätte man versuchen können, Assange per Video zu befragen, heißt es in dem Bericht, der nicht auf die strittige Frage einer DNA-Probe eingeht, die in einer Botschaft – nach schwedischen Angaben – nicht möglich sein soll. Doch die aktuellen, von Wikileaks bereits zu Weihnachten verkündeten Nachrichten über Googles per Gesetz erzwungene Zusammenarbeit mit US-Ermittlern dominierten das Pressegespräch.

Wikileaks-Presseprecher Kristinn Hrafnsson gab an, das auf diese Weise 43.000 Google-Mails von ihm bei den US-Behörden gespeichert seien, während die enge Assange-Mitarbeiterin Sarah Harrison beteuerte, dass interne Wikileaks-Kommunikation niemals über Googlemail-Konten erfolgt sei. Ob dabei Verschlüsselungsprogramme benutzt wurden, darüber verweigerten beide Insider die Auskunft. Balthasar Garzon, der leitende Anwalt von Wikileaks, empörte sich über einen weltweit koordinierten Angriff auf die Pressefreiheit.

Assanges persönliche Anwältin Melinda Taylor kritisierte die "unmenschliche Behandlung" von Assange, der "weder das Sonnenlicht noch eine Klinik sehen darf", kündigte aber gleichzeitig eine Verschärfung der aktuellen Situation an: "Weil Großbritannien verkündet hat, das Assange auch dann verhaftet wird, wenn der europäische Haftbefehl aufgehoben wird, wird er auch dann in der Botschaft bleiben, wenn der Haftbefehl erlischt." Das stieß auf Zustimmung einer Sprecherin der ecuadorianischen Botschaft, die in Genf verkündete: "Kuba, Nicaragua und Venezuela sind auf unserer Seite." (axk)