TR35: Blitz-Akkus

Superkondensatoren könnten zu einer Schlüsseltechnologie für die Energiewende werden. Volker Presser macht sie besser und umweltfreundlicher.

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Von
  • Ulrich Pontes

Superkondensatoren könnten zu einer Schlüsseltechnologie für die Energiewende werden. Volker Presser macht sie besser und umweltfreundlicher.

Von künstlichen Organen bis zu betankbaren Akkus: Zum zweiten Mal kürt Technology Review die innovativsten Köpfe unter 35. Die 10 Gewinner zeigen, was die Zukunft bringen wird.

"Wir Mineralogen bezeichnen uns gern als Geheimwaffe der Naturwissenschaften", sagt Volker Presser. Der Leiter der Gruppe "Energiematerialien" am Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken führt durch sein Labor, das von Abmessungen und Gerätschaften her wie eine kleine Fabrikhalle wirkt. Hier erforscht der 32-Jährige mit seinen derzeit zwölf Mitarbeitern sogenannte Superkondensatoren, auch Supercaps genannt. Mit diesen Bauteilen wollen Wissenschaftler zwei Eigenschaften vereinen, die sich in der Stromspeicherung derzeit ausschließen: Wie Kondensatoren sollen sie extrem schnell Energie aufnehmen und sich millionenfach be- und entladen lassen. Gleichzeitig sollen sie die große Speicherkapazität herkömmlicher Akkus besitzen.

An sich gibt es Superkondensatoren seit Jahrzehnten. Ihr Speichervermögen ist mittlerweile um ein Vielfaches gestiegen. Dennoch hinken sie klassischen Batterien noch weit hinterher. Zu finden sind sie daher vor allem in Nischen wie Solaruhren oder manchen Taschenlampen. Dort ist ein schnelles, abnutzungsfreies Aufladen wichtiger als eine große Kapazität.

Presser hat ein größeres Ziel: Supercaps sollen als Speicher für zurückgewonnene Bremsenergie im E-Auto dienen oder das Stromnetz gegen kurzfristige Schwankungen stabilisieren, wie sie durch Sonnen- und Windkraft immer mehr zunehmen. Damit das gelingt, muss Presser in Dimensionen kleiner als einen Nanometer vordringen. Denn das Prinzip von Supercaps beruht darauf, dass sich Ionen aus einem flüssigen Elektrolyten an einer Elektrode, etwa aus hochporöser Aktivkohle, anlagern. Ein wichtiges Puzzleteil ist, die Elektroden so zu strukturieren, dass sich die Ionen in den Poren optimal bewegen können. Weder dürfen sie stecken bleiben, noch soll Platz verschwendet werden. "Ich bin Ångström-Wissenschaftler, also noch eins mehr als ein Nanowissenschaftler", sagt Presser augenzwinkernd (ein Ångström = 0,1 Nanometer).

Besonders spannend findet der Forscher aber einen Bereich in seinem Labor, der nicht nur nach Lowtech, sondern richtig schmutzig aussieht. Am liebsten möchte Presser nämlich die Elektroden verflüssigen: Kohlenstoffpartikel in Suspension – anschaulicher: Kohleschlämme – hätten den Vorteil, nach Bedarf zu- und abpumpbar zu sein, und zwar sowohl im ungeladenen wie auch im geladenen Zustand. Statt einen Akku stundenlang an die Steckdose zu hängen, könnte man ihn betanken. Ist die Batterieflüssigkeit entladen, wird sie ausgetauscht. Zudem wäre das Material viel billiger als die üblichen Festelektroden. Das Prinzip funktioniert, wie Presser im Labormaßstab zeigen konnte. 2012 erschien seine erste Studie hierzu. Nun muss er die Leistungsfähigkeit und die Zuverlässigkeit auf ein markttaugliches Niveau bringen.

(bsc)