Ethik und Big Data auf der OOP 2015

Unter dem Motto "Responsibility: Building Reliable Environments" fand Ende Januar die 24. Auflage der Konferenz OOP statt. Besucher konnten das Thema unter allerlei Gesichtspunkten erleben und wurden angeregt, ihr Handeln zu hinterfragen.

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Von
  • Julia Schmidt

Unter dem Motto "Responsibility: Building Reliable Environments" fand Ende Januar die 24. Auflage der Konferenz OOP statt. Besucher konnten das Thema unter allerlei Gesichtspunkten erleben und wurden angeregt, ihr Handeln zu hinterfragen.

Wie im Vorjahr konnte das Programm der Konferenz für Enterprise Software und die angeschlossene Ausstellung etwa 1800 Besucher ins Münchner ICM ziehen. In den auf acht Tracks verteilten 130 Workshops und Vorträgen behandelten die Redner neben technischen Themen auch Requirements Engineering, Testen und Qualität, Agilität, Management und Leadership sowie Soft Skills. Besucher hatten außerdem die Möglichkeit, Vorträgen im Hadoop/Big-Data- oder dem Internet-of-Things-Forum zu lauschen, denen die Organisatoren der OOP ebenfalls Platz einräumten.

Ein hervorstechendes Thema gab es in diesem Jahr nicht. Neben Vorträgen zu aktuellen Trends wie dem Internet of Things, Big Data, Microservices oder Docker fanden sich viele Sessions zu klassichen Themen wie Architektur, Testen, Qualität sowie Sicherheit. Aber auch "weiche" Themen wie Scaling Agile, agile Organisationen, Umgang mit Kunden und Spaß bei der Arbeit waren Teil des Programms. Abgerundet wurde die Konferenz durch einen Ausstellungsbereich mit circa 60 Ausstellern. Neben den üblichen Verdächtigen (Intel, Oracle, Microsoft, IBM, Buchverlage, Consulting-Firmen...) gab es einen kleinen Hadoop-Bereich mit Firmen wie Cloudera oder Hortonworks.

Highlights waren auch in diesem Jahr die Keynotes: Passend zum Big-Data-Thema hielt die Bestseller-Autorin Yvonne Hofstetter eine sehr nachdenklich stimmende Keynote. Sie versuchte ihrem Publikum bewusst zu machen, dass persönliche Daten heute und in Zukunft in immer größerem Maße von Firmen gesammelt werden, ohne dass die breite Masse weiß, was damit gemacht wird. Hofstetter verglich diese "Big-Data-Revolution" mit der industriellen Revolution, zu deren Beginn die Arbeiter keine Rechte hatten und demzufolge schamlos ausgebeutet wurden. Es dauerte bekanntermaßen Jahrzehnte, bis die Gesellschaft und Politik für menschenwürdige Arbeitsverhältnisse sorgte. Heute stünde die Gesellschaft am Anfang einer Zeit, in der zahlreichen Quellen (soziale Netze, Smartphones, Fitness-Tracker etc.) persönliche Daten sammelten und sie durch Analysen ebenfalls zu ihren Zwecken ausnutzten.

Ebenfalls interessant war die Keynote des Projektmanagement-Gurus und Buchautors Tom DeMarco, in der er über Erkenntnisse berichtete, die er beim Unterrichten des Fachs Ethik an einer Universität sammeln konnte. Sein Fazit war, dass Softwarefirmen nicht nur kluge Entwickler brauchen, die Dinge schaffen, aber Management-Entscheidungen einfach als gegeben hinnehmen. Es sind auch wahrheitsliebende und mutige (mit anderen Worten: unbequeme) Mitarbeiter nötig, die falsche Management-Entscheidungen nicht einfach hinnehmen, sondern bessere Lösungen einfordern. Dadurch würden sie langfristig dafür sorgen, dass eine Firma tatsächlich immer besser werde.

Die Reihe der Bestseller-Autoren machte Robert C. Martin (Uncle Bob) komplett, der seine Keynote dazu nutzte, in gewohnt unterhaltsamer Weise durch die Geschichte der Softwareentwicklung zu führen: Angefangen bei OOA und OOD, über Design Patterns und das Agile Manifest, das Web und Frameworks kam er zu dem Schluss, dass das Web keine Architektur sei, sondern nur einer von vielen möglichen Ein- und Ausgabe-Kanälen. Deshalb sollte die Businesslogik in einem Programm unabhängig vom Netz sein. Auf die Weise ließen sich dann auch einfach "echte Tests" schreiben, die problemlos auf einem Laptop in einem Flugzug 10 km über dem Atlantik ohne Internetverbindung ausgeführt werden können.

Die Keynotes sowie einige englische Vorträge konnte man im Anschluss noch einmal in Bildform bestaunen.


Als Erinnerung an die Keynotes und einige englische Vorträge ließ sich in diesem Jahr zum ersten Mal auf grafische Protokolle zurückgreifen: Die Talks wurden von zwei Künstlerinnen auf Whiteboards in Bildern festgehalten, die Interessenten später im Ausstellungsbereich einfach abfotografieren konnten (siehe Abbildung). Man kann gespannt sein, was sich die Organisatoren für das Jubiläum im nächsten Jahr einfallen lassen, das vom 1. bis 5. Februar 2016 geplant ist

Michael Tamm
arbeitet als Systemarchitekt bei der optivo GmbH in Berlin.

(jul)