Roboter hitchBOT trampt durch Deutschland

Roboter hitchBOT aus Kanada geht ab Freitag, den 13. Februar auf zehntägige Deutschland-Tournee. hitchBOT war im vergangenen Sommer gut 6000 Kilometer durch Kanada getrampt.

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Der Kopf des hitchBOT

(Bild: hitchBOT)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • dpa

"Currywurst" und "Feierabend" kann er schon sagen. Der reiselustige Roboter hitchBOT aus Kanada bereitet sich auf seine Tour durch Deutschland vor. "Damit ich mich in Übersee auch vernünftig unterhalten kann, habe ich angefangen, Deutschunterricht zu nehmen», erläutert er auf seiner Homepage. Kurz vor dem Flug arbeiten seine Erfinder an der Spracherkennung. "Damit er dann, wenn man ihn fragt: 'Wer bist du?' nicht antwortet: 'Ich möchte ein Currywurst'", sagt Frauke Zeller von der Ryerson Universität in Toronto, die hitchBOT mit David Harris Smith von der McMaster Universität in Hamilton kreierte.

Er soll ein bisschen von seiner Kanada-Reise erzählen können und hat Hobbys, über die er plaudert: Fußball, Hockey, Backen, Reiten. "Wenn er auch nicht immer alles versteht, dann quasselt er einfach ein bisschen vor sich hin." Er muss sympathisch wirken, denn er ist auf Hilfe angewiesen. Er kann sich nicht bewegen; Autofahrer müssen den knapp acht Kilogramm schweren Typen ins Fahrzeug heben. Aufladen an der Steckdose ist "lebenswichtig", und Übernachtungseinladungen sind willkommen. Ganz wetterfest ist der elektronische Abenteurer nämlich nicht.

So groß wie ein sechsjähriges Kind ist hitchBOT mit seinem Fass-Körper, Beinen aus Schwimmwürsten, rosa Gummistiefeln und Mülltonnendeckel auf dem Kopf ursprünglich ein Kunstprojekt. "Normalerweise bauen wir Roboter, damit sie uns helfen. Hier wollten wir das umdrehen", sagt Zeller. Und anstatt "Können Menschen Robotern vertrauen?" fragten die Kommunikationswissenschaftler aus Kanada: "Kann ein Roboter den Menschen vertrauen?" Hauptfrage der Forscher: "Wie ist das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine und inwieweit vergessen Menschen, dass sie einen Roboter vor sich haben?"

Informatiker sehen in ihm ein wertvolles Experiment. "Vom reinen Technologieaspekt ist er vollkommen uninteressant", sagt Florian Röhrbein, Informatiker an der Technischen Universität München. "Aber er kann beitragen, Ängste abzubauen. Er ist interessant im Sinne eines soziologischen Experiments für die Roboter-Mensch-Beziehung." Es gebe viele Vorbehalte, Roboter etwa in der Pflege einzusetzen. Dabei könnten sie das menschliche Personal sehr gut entlasten. "Im Sinne der Robotik ist hitchBOT gar kein Roboter – es ist eigentlich eher eine Puppe", sagt der Informatik-Professor Udo Frese aus Bremen, an dessen Lehrstuhl ein RoboCup-Fußball-Team betreut wird. "Sie könnten auch ein Stofftier durch Kanada reisen lassen."

Der trampende Roboter HitchBOT

Per Anhalter alleine unterwegs - ein Roboter trampt nun schon zum dritten Mal. Es ist vor allem ein soziales Experiment: Können Roboter Menschen vertrauen? Und wie reagieren unterschiedliche Kulturen auf das ungewöhnliche Ansinnen?

Dennoch sei das Experiment sehr spannend. "Das kann ein Indikator für die Akzeptanz sein, die Serviceroboter einmal haben werden." Frese sieht auch eine Gefahr in der Vermenschlichung der Maschinen: "Die Frage: Was ist das für eine Beziehung, die man dann zu seinem Computer hat. Akzeptiere ich ihn wie einen Toaster – oder als Ersatz eines Lebenspartners? Das ist auf jeden Fall etwas, worüber man nachdenken muss."

In Kanada jedenfalls nahm hitchBOT sehr menschlich am Leben der Menschen teil. Ureinwohner holten ihn zu sich, er fuhr auf einem Motorrad mit, wurde zum Essen eingeladen. Die Gastgeber überlegten sich das Menü genau und servierten einen Teller mit Schrauben und Maschinenöl. Er durfte mit zum Camping – und sogar auf eine Hochzeit.

Nun steigt die Spannung, wie es ihm in Deutschland ergeht; er kommt auf Einladung der Pro7-Sendung Galileo. Auf der Reiseliste stehen Schloss Neuschwanstein, Berlin, Sylt, der Osten Deutschlands mit Görlitz – und er muss Spezialaufgaben erledigen: Er soll ein Selfie mit einem Weltmeister machen und im Karnevalstrubel auf einem Wagen beim Kölner Rosenmontagszug mitfahren. Während hitchBOT "Vater" David Harris Smith früher selbst begeistert mit erhobenem Daumen an der Straße stand, ist "Mutter" Frauke Zeller nie getrampt. Aber jetzt kommt sie ein wenig ins Grübeln: "hitchBOT hat mehr von Kanada gesehen als ich." (sea)